Der Countdown ist abgelaufen: Die etwas humoristische Webseite Wann-stirbt-StudiVZ sieht das Ende der VZ-Netzwerke gekommen, statistisch betrachtet soll die Zahl der Seitenbesuche mittlerweile auf null gefallen sein. Tatsächlich scheinen sich StudiVZ & Co. auch nach dem Relaunch im vergangenen Spätsommer nicht wieder vom massiven Abfluss der Nutzer erholt zu haben. Nun wurden 25 von 70 Mitarbeitern entlassen und die IT ausgelagert. Zukünftig soll die Plattform SchülerVZ in den Mittelpunkt rücken – weil sie sich anders als StudiVZ und MeinVZ noch in einem wiederbelebbaren Zustand befinde.

VZ-Netzwerke: 25 von 70 Mitarbeitern entlassen

Totgesagte leben länger, heißt es. Demnach sollte den VZ Netzwerken (www.vz-netzwerke.net) eigentlich noch eine lange und quietschfidele Zukunft bevor stehen. Allerdings scheint der Verfall des einst so musterhaft dastehenden Sozialnetzwerks nahezu unaufhaltsam voran zu schreiten. Nachdem sich zunächst die Anzeichen verdichtet hatten, dass bis zu 20 der 70 verbliebenen Mitarbeiter der VZ-Netzwerke gekündigt wurden, hat das Unternehmen mittlerweile die Entlassung von 25 Mitarbeitern offiziell bestätigt – mehr als ein Drittel der gesamten Belegschaft. Zur konkreten Zukunft von StudiVZ & Co schweigt sich VZ Netzwerke weiterhin aus. Derzeit finde eine tiefgreifende Neuausrichtung statt, mehr wollte man auf Nachfrage nicht sagen.

Zuvor habe die Holtzbrinck-Tochter zudem die Entwickler in das Unternehmen Devbliss, einer neu gegründeten Holtzbrinck-Tochtergesellschaft ausgelagert, hieß es in der Gerüchteküche. Auch dies hat das Unternehmen mittlerweile per Pressemitteilung bestätigt. Allem Anschein nach will das Verlagshaus sich also das Know-how sichern, egal wie die Zukunft der VZ-Netzwerke aussehen wird. Ob die Programmierer gegenwärtig noch an StudiVZ & Co arbeiten oder bereits in anderen Projekten involviert sind, wollte das Unternehmen zunächst nicht bestätigen. Laut Mitteilung befindet sich ein erstes gemeinsames Technologieprojekt mit der Nature Publishing Group im Geschäftsbereich der Bildung und Wissenschaft allerdings bereits in der Umsetzung.

Mit dem Auslagern der IT-Kapazitäten macht Holtzbrinck die Zukunft der VZ Netzwerke, welche Form auch immer diese annehmen mag, sogar in gewisser Weise zur Chefsache: „In enger Zusammenarbeit mit Dr. Johann Kempe seitens Devbliss wird [VZ-Geschäftsführerin] Stefanie Waehlert die anstehenden Aufgaben bei den VZ-Netzwerken umsetzen“, heißt es in einem Statement der Holtzbrinck-Gruppe. Kempe ist nicht nur Geschäftsführer der IT-Tochter Devbliss, sondern auch CIO der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck.

SchülerVZ rückt in den Mittelpunkt

Bereits vor wenigen Wochen hatte Markus Schunk, Geschäftsführer des VZ-Eigentümers Holtzbrinck Digital (www.holtzbrinck-digital.com), für den Sommer einen Relaunch der Webseite in Aussicht gestellt. Nun steht wie zunächst spekuliert ein vollständiges Rebranding an, um den angekratzten Ruf abzuschütteln: Aus den VZ Netzwerken wird Poolworks, lässt sich VZ-Chefin Stefanie Waehlert in einem Interview zitieren, das die Zeitschrift Kontakter in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlicht hat.

Mit der neuen Unternehmensmarke will sich das Netzwerk den Angaben zufolge strukturell verändern. Der Plattform SchülerVZ soll dabei eine zen­trale Rolle zukommen – sie funktioniere derzeit noch am besten, da sie anders als MeinVZ und StudiVZ aufgrund der Zielgruppe weniger Nutzer an den großen Rivalen Facebook verloren habe. Entsprechend soll SchülerVZ im Laufe des vierten Quartals relaunchen und künftig unter dem Namen Idpool.de „Funktionalitäten rund um den Austausch von Jugendlichen zu ihren Interessen und Fähigkeiten“ bieten. Welche genau das sind, lässt Waehlert noch offen. „Die Plattform soll perspektivisch über mehrere Stufen zu einem edukativen Angebot ausgebaut werden“, zitiert der Kontakter.

Noch will es das Unternehmen vermeiden, MeinVZ und StudiVZ komplett zu schließen. Im Zuge der Fokussierung würden aber für beide Plattformen „neue Optionen geprüft“. Im Rahmen der Umfirmierung könnte wohl auch die Domain Lifepool.de eine Rolle spielen, zu der das Holtzbrinck-Startup ebenfalls vor wenigen Wochen die Markenrechte beantragt hat.

Nischenpositionierung ist nicht ganz neu

Der Versuch eines Neustarts wirkt allerdings eher wie eine Verzweiflungstat, kommt er doch weniger als ein Jahr nach dem letzten Umbau des Netzwerks Ende September vergangenen Jahres. Damals hatte die VZ-Gruppe versucht, sich weniger gegen die großen sozialen Netzwerke wie Facebook oder Google+ zu positionieren, sondern sich stattdessen in den jeweiligen Nischenmärkten besser auf die Nutzer einzustellen. Wirklich merkblich war dieses Umschwenken allerdings weder bei der Nutzung noch beim Auftreten der Netzwerke.

Nur zwei Wochen später, Mitte Oktober 2011, hatte der damalige VZ-CEO Clemens Riedl die Netzwerke verlassen. Drei Jahre habe er an der Neugestaltung gearbeitet, jetzt sei der Moment gekommen zu gehen, sagte Riedl gegenüber Gründerszene damals. Mit dem Ausstieg folgte er anderen VZ-Managern – unter anderem waren Sales-Chef Sven Bagemihl, der Finanz-Verantwortliche Thomas Baum und bereits im Jahr zuvor Technik-Chef Jodok Batlogg gegangen. Riedls Nachfolgerin wurde die frühere Lokalisten-Chefin Stefanie Waehlert.

Keine Chance gegen Facebook & Co.

Mit dem Aufstieg von Facebook begann der Niedergang des einstigen Musterjungen. Schnell wirkten die VZ-Netzwerke alt, zu national und unkreativ. Rasend schnell machte sich das auch bei den Nutzerzahlen bemerkbar. Zwar konnte der Umsatz nach Unternehmensangaben zunächst auf rund 30 Millionen Euro im Jahr 2010 gesteigert werden.

Die Besucherzahlen allerdings sinken weiterhin rapide. Laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) hatten die VZ-Netzwerke im vergangenen September nur noch 104,51 Millionen Visits, immerhin fast 20 Prozent weniger als noch im August und über 70 Prozent weniger als im vorangegangenen Jahr. Im Dezember 2011 waren es dann laut IVW 77 Millionen und im März dieses Jahres nur noch 53 Millionen Besuche. Die Tendenz ist eindeutig.

Holtzbrinck: Idealer Exit verpasst

Holtzbrinck muss die Misere der einst so prestigeträchtigen VZ-Netzwerke schmerzen. Ein Übernahmeangebot des heutigen Marktführers Facebook hatte das Verlagshaus abgelehnt – im Nachhinein stellte sich das als großer Fehler heraus. Denn nicht nur hätte man StudiVZ & Co gewinnbringend verkaufen können. Auch wäre Holtzbrinck an dem US-Pendant beteiligt gewesen und hätte dessen starkes Wachstum in bare Münze umwandeln können.

Ohnehin stand der VZ-Eigentümer in der Kritik, die Anteile an den Netzwerken vergleichsweise teuer erworben zu haben. Ohne die umtriebigen Samwers mit an Bord, so scheint es fast, tut sich das Verlagshaus mit erfolgreichen Exits deutlich schwerer. Die drei Brüder selbst dürften sich um so mehr freuen, den eigenen StudiVZ-Exit rechtzeitig – und sehr erfolgreich – realisiert zu haben.

Update: Kurz nach Veröffentlichung dieses Artikels haben die VZ Netzwerke und ihr Eigentümer, Holtzbrinck Digital, die Vorgänge offiziell bestätigt. Der Text wurde entsprechend ergänzt und die neuen Informationen wurden als solche ausgewiesen. Update 2: Auch die Neuausrichtung unter dem Namen Poolworks wurde im Text ergänzt.

Bildquelle: StudiVZ / Screenshot