Makerist-Gründerin Amber Riedl in ihrem Homeoffice – zwei Kinder und Mann sind nebenan.
Makerist-Gründerin Amber Riedl in ihrem Homeoffice – zwei Kinder und Mann sind nebenan.

Leben in der Corona-Krise heißt auch: Arbeiten im Ausnahmezustand. Wer kann, verlegt seinen Job ins Homeoffice, um sich selbst und andere vor einer zu schnellen Verbreitung des Virus zu schützen. Unter den Hashtags #flattenthecurve oder #staythefuckhome veröffentlichen zehntausende Menschen Fotos ihrer Arbeitssituation. Darauf zu sehen: Laptops auf Küchentischen, auf dem Balkon oder im Bett und arbeitende Leute in Jogginghosen oder von Kindern umringt.

Wir wollen wissen: Wie handhabt die Startup-Szene die aktuelle Homeoffice-Situation? Wie arbeiten Gründerinnen und Gründer, die gleichzeitig ihre Kinder betreuen müssen? Wo gibt es Schwierigkeiten – und welche Tipps haben sie für andere Heimarbeitende? Darüber lest ihr in den kommenden Wochen in unserem Format „Mein Homeoffice“. Den Anfang macht Makerist-Gründerin Amber Riedl, die gerade mit ihren zwei Kindern (acht und zehn Jahre alt) und ihrem Mann im gemeinsamen Zuhause in Berlin wohnt, arbeitet, spielt und lernt.

Seit wann bist du im Homeoffice?

Ich bin schon seit anderthalb Wochen mit meinen zwei Kindern zuhause, weil sie krank waren. Jetzt kommen durch die Schul- und Kindergartenschließung noch fünf Wochen obendrauf. Ich werde also mehr als sechs Wochen mit ihnen im Homeoffice sein. Das ist sehr krass für mich.

Wie sieht euer Tagesablauf aus?

Wir strukturieren unsere Tage strikt. Es muss allen Familienmitgliedern klar sein, dass nicht Wochenende ist. Wir stehen also um dieselbe Uhrzeit auf wie sonst, frühstücken, putzen uns die Zähne, ziehen uns an und fangen dann mit einem Lern- und Arbeitsblock an. Ich schaue mir an, welche Schulaufgaben meine Kinder machen sollen und gehe sie mit ihnen durch, damit sie alles verstehen. Ich versuche, die Lerneinheiten aufzuteilen wie in der Schule – also pro Thema 45 Minuten. Dann arbeiten sie eigenständig daran, in dieser Zeit kann ich auch arbeiten.

Mittags mache ich eine längere Pause als sonst, weil ich kochen, essen und aufräumen muss. Danach kann ich nochmal ein bisschen arbeiten, mache aber nachmittags eine weitere Stunde Pause, um mit den Kindern rauszugehen oder etwas zu spielen. Dann kommt eine kleine Corona-Ausnahme: Normalerweise wird in unserem Haushalt nur am Wochenende Fernsehen geschaut, diese Regel werden wir in der kommenden Zeit aufweichen. Wenn alle sonstigen Aufgaben der Kinder erledigt sind, dürfen sie sich am frühen Abend etwas anschauen. Das ist für mich eine gute Zeit, um nochmal zu arbeiten. Und dann ist der Tag eigentlich schon vorbei.

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Wo arbeitet ihr – Sofa, Esstisch, Balkon?

Zum Glück haben wir vor Kurzem für die Kinder Schreibtische eingerichtet, das rettet uns in dieser Phase. Mein Mann und ich haben nämlich keinen Schreibtisch, daher hätten wir nun alle am Küchentisch sitzen müssen. Jetzt sitzen die Kinder an ihren Schreibtischen, mein Mann oder ich am Küchentisch und der jeweils andere im Wohnzimmer.

Welche Homeoffice-Tipps hast du für andere Eltern?

Erstens: Strukturen halten. Plant euren Tagesablauf genau durch – wann ihr arbeitet, wann die Kinder lernen, wann ihr Pausen macht und wann es Essen gibt. Und esst auf jeden Fall alle gleichzeitig. Du wirst wahnsinnig, wenn jedes Familienmitglied isst, wann es will.

Zweitens: integriert Bewegung. Wir radeln mit dem Fahrrad durch den Park oder gehen spazieren, das tut Eltern und Kindern gut. Unsere Kinder können zum Glück auch im Hinterhof spielen.

Drittens: Ordnung halten. Im Homeoffice muss die Wohnung bei mir tipptopp sauber sein. Ich kann nicht arbeiten, wenn sich das Geschirr in der Küche stapelt. Die Kinder werden bei mir auch besser in den Haushalt einbezogen. Seit heute haben sie neue Haushaltsaufgaben, zum Beispiel den Tisch decken und den Geschirrspieler ausräumen – einfache Sachen, die mich entlasten.

Wie setzt ihr Homeoffice technisch um?

Mit meinem Team waren wir gut darauf vorbereitet, remote zu arbeiten. Wir arbeiten mit der G-Suite und versuchen, viele Videokonferenzen über Google Hangouts zu machen. Unersetzbar ist für uns auch Slack, einfach, um die Masse an E-Mails zu reduzieren und ein bisschen Humor in das Ganze zu bringen. Es würde sich komisch anfühlen, jemandem per E-Mail zu schreiben „Hey, wie geht’s? Ich esse gerade, und du?“, aber über Slack funktioniert so ein Smalltalk. Das hilft, die Gruppendynamik aufrecht zu erhalten, selbst wenn es nicht direkt um eine berufliche Aufgabe geht.

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Die Situation bleibt wohl wochenlang so. Was unternehmt ihr abseits von Arbeit und Lernen?

Ich finde, es ist die richtige Zeit, um ein DIY-Projekt zu starten. Wir werden uns jetzt ein größeres Familienprojekt suchen, das wir dann gemeinsam durchziehen können. Ich habe dieses Jahr auch angefangen, in der Schule meiner Kinder eine Digital-AG zu unterstützen. Da arbeiten wir mit dem Programm Scratch, mit dem man mit vorgefertigten Code-Blöcken seine eigenen Spiele entwickeln kann. Das machen wir jetzt auch zuhause weiter. Auch für Makerist ist es wichtig, ein bisschen Unterhaltung zu bieten. Ich werde meine Kinder bitten, mit mir DIY-Projekte zu machen, die wir über Instagram oder Youtube live streamen können. Mit Material sind wir zuhause gut ausgestattet.

Siehst du auch Vorteile darin, mehr Zeit zuhause zu verbringen?

Einerseits schon, aber teilweise wird es sicher frustrierend sein. Man ist es nicht gewöhnt, im Alltag 24 Stunden mit den Kindern und dem Partner zusammen zu sein. Irgendwann werden alle von den Arbeitskonditionen genervt sein. Ich glaube, da ist viel Material für Reibung. Nun gilt es, ruhig zu bleiben, Struktur und Disziplin beizubehalten.

Bild: Amber Riedl