In der Backfabrik im Herzen Berlins saßen Startups wie StudiVZ oder Dailydeal.

In der Berliner Backfabrik wurde Startup-Geschichte geschrieben. Von außen lässt das historische Industriegebäude kaum erkennen, dass hier Tech-Unternehmen wie die Spieleschmiede Wooga sitzen und jeweils hunderte Mitarbeiter beschäftigen.

Zu den bekanntesten Mietern des Backsteinbaus gehörte StudiVZ. Ende 2011 arbeiteten für das soziale Netzwerk in der Saarbrücker Straße noch etwa 300 Mitarbeiter. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Startup bereits mit einem deutlichen Besucherschwund zu kämpfen, wurde in den Folgejahren mehrfach verkauft, musste sich gesundschrumpfen und ging 2017 dann pleite. In der Backfabrik erinnert heute nichts mehr an den prominenten Mieter.

Auch das einst große Gutschein-Startup Dailydeal saß in der Backfabrik. Es wuchs schnell, wurde an Google verkauft, von den Gründern zurück erworben und dann erneut verkauft. Heute gehört das Unternehmen der MenschDanke GmbH und sitzt mehrere Kilometer entfernt in Berlin Alt-Moabit. Die Dailydeal-Gründer Fabian und Ferry Heilemann versuchten sich zwischenzeitlich mit Sky&Sand als Investoren, ebenfalls mit Büro in der Backfabrik. 2015 strichen die Brüder ihr Portfolio dann zusammen. Dem Gebäude sind die Heilemanns aber treu geblieben: mit Freighthub gründeten sie dort 2016 gemeinsam mit Erik Muttersbach und Michael Wax eine digitale Spedition für die Luft- und Seefracht.

Eine ähnlich bewegte Geschichte hat das Games-Startup Wooga hinter sich, das wie StudiVZ und Dailydeal in der Backfabrik groß wurde. Zu Anfang setzte Gründer Jens Begemann auf Spiele für soziale Netzwerke, später dann für Smartphones. Mit den Strategiewechseln einher gingen immer wieder auch Kündigungen. Heute arbeiten für die Berliner 200 Mitarbeiter, zu Hochzeiten waren es etwa 300.

Zu den aktuellen Mietern in der Backfabrik gehören etwa der App-Analyst Adjust, das Factoring-Startup Decimo, Kochbox-Anbieter Hellofresh oder die Dating-App-Macher von Lovoo, allesamt bekannte Namen in der Szene. Auf der Webseite des Gebäudeeigentümers wird auch Kochzauber geführt. Das Food-Startup, das zuletzt zu Lidl gehörte, wurde Anfang März aber eingestellt. Die 33 Mitarbeiter sollen im Konzern verteilt werden, hieß es vor einem Monat von Lidl.

Die Backfabrik – eine ehemalige Großbäckerei, die heute Platz für Startups auf circa 26.000 Quadratmetern bietet – ist also mehr als nur ein Gebäude. Es ist vielmehr ein Spiegelbild der Szene, von Startups, die schnell groß wurden und dann wieder verschwanden, von Ausdauer, neuen und alten Trends und stetiger Veränderung.

Wie ein Orchester

Viele dieser Dinge schätzt auch der Eigentümer der Backfabrik, Hargen Bartels. „Ganz normales Business finden wir langweilig“, sagt er. Die Startups, die sich vor der Vermietung persönlich bei Bartels vorstellen müssen, kommen aus den Bereichen Werbung, Marketing und Internet. Ein alteingesessenes Unternehmen wie die AOK etwa würde nicht in sein Gebäude passen. 

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Dass es bei jungen Unternehmen mehr Risiken gibt, wie mögliche Zahlungsengpässe oder sich spontan verändernde Platzanforderungen, seien kein Problem. „Sicherheit ist uns nicht wichtig“, sagt Bartels. Auf eine Kaution verzichtet der Eigentümer trotzdem nicht. Bisher scheint er auch Glück gehabt zu haben – oder das richtige Gespür bei der Mieterauswahl. Auf Kosten sitzen geblieben sei er nur bei einer einzigen Firma.

Die verschiedenen Mietparteien sieht er als eine Art Orchester. Man helfe sich gegenseitig, teilweise würden Startups auch finanziell voneinander abhängen. Und wenn ein Startup Mitarbeiter entlässt und weniger Bürofläche braucht, mache das Platz für andere Firmen im Gebäude.

Die steigenden Mieten machen übrigens auch in der Backfabrik nicht halt. Das sei aber für die wenigsten ein Problem, so Bartels. Die besten Talente bekämen die Startups nicht mit Büros in Tempelhof oder Moabit, sagt er. Das sei für Bewerber nicht so attraktiv wie das Berliner Stadtzentrum. Jungunternehmen, die sich in weniger beliebten Bezirken niederließen, müssten eine „Wüstenzulage“ an ihre Mitarbeiter zahlen, also einen Zuschlag auf das Gehalt, um die schlechte Lage zu kompensieren. Dann könne man aber auch gleich mehr für die Miete ausgeben, sagt Bartels.

Auf dieser Karte erkennt ihr, wie sich die Startup-Szene in Berlin verteilt.

Bild: Backfabrik