Siemens ist schlecht auf Berlin zu sprechen. Vor dem Campus ist bereits ein weiteres Projekt geplatzt.

In den USA rollen Großstädte investitionsbereiten Konzernen rote Teppiche aus, wenn sie Neuansiedlungen planen. Über 20 Städte haben sich beispielsweise bei einer Ausschreibung um die neue Amazon-Konzernzentrale beworben.

Dabei wurden Amazon von den Städten allerlei Hilfestellungen als Willkommenszeichen in Aussicht gestellt. Der Weltkonzern Siemens macht bei einem Technologie-Mammutvorhaben in Berlin derzeit jedoch eine andere Erfahrung.

Siemens würde gerne 500 bis 600 Millionen Euro in einen „Innovations-Campus“ im traditionsreichen Ortteil Berlin-Siemenstadt investieren, bestätigt ein Konzernsprecher. Allerdings ist das Verhältnis zwischen dem Technologiekonzern und dem Berliner Bürgermeister und SPD-Politiker Michael Müller mit seiner Koalition aus SPD, Linken und Grünen angespannt.

Hauptstadt ließ Siemens-Neubau platzen

Dafür gibt es Beispiele. So will Siemens seit rund 20 Jahren im Park am denkmalgeschützten Magnus-Haus schräg gegenüber des Pergamonmuseums seine Hauptstadtrepräsentanz errichten. 2001 hatte Siemens das Haus vom Land Berlin gekauft.

Nach jahrelangen politischen Diskussionen über den Denkmalschutz und die Einbindung des knapp 18 Meter hohen Neubaus wurde ein bereits erteilter Bauvorbescheid für das Siemens-Gebäude jedoch Mitte Juli nicht mehr verlängert. Somit ist dieses Siemens-Bauprojekt in Berlin wohl geplatzt.

Dies sorgt für Verärgerung in der Siemens-Führung. Nun zeichnet sich ab, dass Siemens sein geplantes Innovationscamp auch nicht in der Bundeshauptstadt errichtet, sondern eine internationale Ausschreibung durchführt. Geplant sei eine Art „Siemensstadt 2.0“, heißt es bei dem Technologiekonzern mit Berliner Wurzeln und dem juristischen Doppelsitz in Berlin und München.

Oberbürgermeister hatte zu Protesten aufgerufen

Die Rede ist von einem „Inkubator für das Miteinander von Forschung, Wissenschaft, Wohnen und Start-ups an einem Ort“. Zwar sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob das Projekt in Berlin, Singapur oder anderswo realisiert werden soll. Die Chancen für Berlin seien jedenfalls nicht so gut. „Derzeit ist fraglich, ob Berlin den Zuschlag bekommt“, erklärt der Sprecher.

Wie es heißt, gibt es im Siemens-Vorstand die überwiegende Meinung, nach den Erfahrungen aus der jüngeren Zeit nicht auf den Standort Berlin zu setzen. So hatte Berlins Regierender Bürgermeister Müller im Herbst 2017 einen zunächst geplanten Stellenabbau von 870 Beschäftigten in Berlin als nicht hinnehmbar bezeichnet und zu Protesten aufgerufen. Inzwischen hat Siemens die Abbaupläne abgemildert.

Für Berlin wäre der Siemens-Technologiecampus eine der größten Investitionen aus der freien Wirtschaft. Das Investment von 500 bis 600 Millionen Euro läge sogar noch knapp über den 500 Millionen Euro, die Siemens bis zum Jahr 2030 in einen Campus in Erlangen investieren will. Im Süden der fränkischen Stadt sollen auf 54 Hektar Forschungseinrichtungen, Werkstätten, Labore und Ausbildungseinrichtungen und Wohnungen entstehen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.

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