Moderne Menschen, moderne Optik – das wäre doch mal ein Anfang für besseres Fernsehen.

Es ist ein Trauerspiel. Ja, es tut richtig weh. Erst war da die „Höhle der Löwen“. Hier versammeln sich fünf Investoren, es fließt richtiges Geld, Gründer präsentieren ihre Ideen. Kein großes Spektakel, eher schlicht und sachlich. Das war für viele Leute aus der Startup-Szene schon zu viel des Guten an Showelementen. Doch dann folgten Startup-Sendungen mit Stefan Raab, Carsten Maschmeyer, und diese Woche ist auch Jette Joop unter die TV-Gründercoaches gegangen.

Jetzt wissen alle, denen das Thema Gründen am Herzen liegt, wie solche Sendungen auf keinen Fall aussehen dürfen. Aber wie könnte es funktionieren? Wir präsentieren: die beste TV-Gründershow aller Zeiten.

1. Die Moderatoren

Wir wollen erfahrene Gründerinnen und Gründer als Moderatoren sehen. Es gibt einige Leute in der Szene, die genug Nerven und vor allem Fachwissen haben, um im Fernsehen aufzutreten. Präsentabel sind sie außerdem. Wie wäre zum Beispiel mit Christian Vollmann von Nebenan.de? Oder Verena Pausder, die mit ihrem Startup Apps für Kinder im Vorschulalter entwickelt und weltweit vertreibt? Am besten beide zusammen. Es ginge aber auch ganz ohne Moderatoren, finden wir.

2. Das Format

Unterhaltsam wird es im Fernsehen immer dann, wenn der Zuschauer emotional beteiligt wird. Also vergesst bitte Formate, in denen Gründer peinliche Spielchen absolvieren müssen. Das einzige Gefühl, dass aus dieser Sorte Fernsehen entsteht, ist Scham. Beim Gründen geht es um die Existenz, um eine Idee, die Frage, ob sie gut ist oder nicht, und um die erfolgreiche Umsetzung. Da stecken ausreichend Emotionen drin, um eine gute Sendung draus zu machen.

Vorbild für die beste Gründershow aller Zeiten könnten die beliebten Documentaries auf Netflix sein. Akribisch werden hier zum Beispiel Gerichtsprozesse nacherzählt. Mit allen Beteiligten wird gesprochen, das macht süchtig und man will alles über den Fall und die Hauptpersonen erfahren. Das funktioniert auch mit dem Thema Gründen.

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Wir wollen die Gründer von ihrer ersten Idee bis zum fertigen Produkt oder zum eigenen Startup verfolgen. Alle Siege und Rückschläge miterleben. Die Gespräche mit Investoren, die ersten Einstellungsgespräche. Wir wollen verstehen und miterleben, was die Herausforderungen sind und wie man mit ihnen umgeht – oder wie man an ihnen scheitert.

3. Die Produkte

Wir leben in einer komplizierten Welt. Ein neues Getränk aus dem Abfall der Kaffeebohne oder ein veganer Badezusatz sind dem Zuschauer leicht zu vermitteln, aber viel häufiger geht es bei Startups um etwas ganz anderes. Sie entwickeln digitale Produkte für die digitale Wirtschaftswelt der Zukunft.

Das klingt etwas sperrig und es ist oft nicht gleich auf Anhieb zu verstehen. Aber wenn Zuschauer über die Dauer von vier Staffeln begeistert der verwinkelten Dramaturgie und dem seltsamen Humor der US-Serie „Better Call Saul“ folgen, dann werden sie auch eine Software verstehen, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz zum Beispiel den besten Preis für ein Produkt ermittelt.

Um es kurz zu sagen: Weg mit dem Ramsch, her mit den zukunftsträchtigen Ideen.

4. Die Produktion

Es ist vollkommen egal, ob an besonderen Schauplätzen gedreht wird oder uns besondere Schauwerte geboten werden. Es muss auch kein Auto in die Luft fliegen oder ein Raumschiff durchs Bild sausen. Das hat schon die „Höhle der Löwen“ bewiesen.

Optische Kargheit ist völlig ok, wenn die innere Handlung beim Zuschauer ankommt. Dafür braucht es allerdings interessante Leute mit guten Ideen, echte Konflikte und Emotionen. Eine künstliche Dramaturgie braucht es dafür nicht.

5. Sieger und Verlierer

Gnade! Es muss am Ende keinen Sieger geben. Auch nach neun Stunden der US-Serie „The Staircase“ weiß der Zuschauer nicht, ob die Hauptperson der Mörder ist oder nicht. Und niemand hat sich darüber beschwert. Der Weg ist das Ziel, unterwegs entsteht die Spannung. Nicht erst, wenn am Ende die Medaillen verteilt werden. Wir wollen keine peinliche Siegerehrung mehr sehen.

Fazit

Klar, es wäre viel Aufwand, so ein Konzept umzusetzen – und Aufwand kostet. Auch beim Fernsehen soll Geld verdient werden und es ist natürlich viel einfacher, ein paar Leute, die sich Gründer nennen, in eine künstliche Dramaturgie zu pressen und in der Postproduktion eine Sendung daraus zu zimmern. Wir wären trotzdem dankbar, wenn mal jemand probieren würde, das Thema Gründen im Fernsehen etwas nachhaltiger und interessanter anzugehen.

Es wird langsam Zeit. Denn die meisten jüngeren Leute, auch die, die in Startups arbeiten, schauen gar kein lineares Fernsehen mehr. Sie tun sich das Trauerspiel schon lange nicht mehr an.

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