Blockchain-Analyse-Startups sind darauf spezialisiert, Krypto-Transaktionen zu verfolgen.

Chainalysis hat vor wenigen Tagen in einer zweiten Finanzierungsrunde Millionen einnehmen können. Demnächst will das Startup in London sein zweites europäisches Büro eröffnen. Das New Yorker Unternehmen hatte einen Teil der verschwundenen Bitcoins nach dem Mt.Gox-Fall gefunden. Der Hack im Jahr 2014 war einer der größten und bekanntesten Bitcoin-Diebstähle. Auch Neutrino bekämpft Krypto-Verbrechen. Das italienische Startup wurde in dieser Woche von der Krypto-Handelsplattform Coinbase gekauft. Diese jüngsten Erfolge der beiden Blockchain-Analyse-Startups zeigen: Das Verlangen nach mehr Sicherheit im Kryptomarkt wird größer. Nicht nur bei Investoren.

Unternehmen wie Chainalysis und Neutrino sind – anders als Behörden – darauf spezialisiert, Krypto-Transaktionen zu verfolgen. Dafür haben die Entwickler von Chainalysis eine Software veröffentlicht, mit denen Ermittler Betrüger erkennen und identifizieren können. Die Ergebnisse speichert das Programm ab und die Daten können später als Beweis in Gerichtsverfahren verwendet werden. Die Strafverfolgungsbehörde Europol arbeitet seit Jahren erfolgreich mit den Blockchain-Analysten zusammen. Auch das FBI setzt die Software von Chainalysis ein.

Neutrino hat mit XFLOW ebenfalls ein Programm entwickelt, das zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt wird. Es verfolgt und untersucht Blockchain-Transaktionen. Dabei setzt das Unternehmen auf Maschinelles Lernen. Algorithmen helfen dabei, die Überweisungen grafisch sichtbar zu machen. Ein Beispiel: Eine farbige Linie zeigt eine Transaktion an. Je dicker diese Linie, desto größer ist die überwiesene Summe. Werden später von derselben Adresse kleinere Summen an andere digitale Brieftaschen überwiesen, lässt sich das anhand der farbigen Linien nachverfolgen.

Wenn es um das Erkennen betrügerischer ICOs geht, können Unternehmen wie Chainalysis ebenfalls helfen. Laut einer Studie hatten mehr als 80 Prozent der im Jahr 2017 durchgeführten ICOs kriminelle Absichten. 1,34 Milliarden US-Dollar hatten Anleger dafür ausgegeben. 660 Millionen US-Dollar gingen auf das Konto von Pincoin – ein vietnamesisches Kryptowährungs-Startup. Blockchain-Analyse-Firmen können Muster erkennen, die typisch für kriminelle ICOs sind: wie zum Beispiel eine intransparente Firmenpolitik oder mangelnde Beschreibung der dahintersteckenden Technologie. Außerdem können Analyse-Startups beratend für Unternehmen tätig sein, die ein ICO planen.

Doch nicht nur bei Betrugsfällen kommen Krypto-Analysten zum Einsatz. Wie Kriminalbeamte können sie Präventionsarbeit leisten, indem sie zum Beispiel sogenannte Blacklists erstellen. Anders als das KYC-Prinzip (Know-your-Customer), das bei Krypto-Fans aufgrund seiner De-Anonymisierung abgelehnt wird, könnte eine Sperrliste von Bitcoin-Adressen kriminelle Machenschaften unterbinden.

In einem vom Bund finanzierten Forschungsprojekt (PDF) zur Prävention und Strafverfolgung im Zusammenhang mit virtuellen Währungen heißt es: „In die Sperrliste aufgenommen würden Transaktionen, wenn zum Beispiel durch ein gerichtliches Verfahren feststeht, dass die Bitcoins durch eine Straftat erworben oder hervorgebracht wurden.“ So eine Sperrliste einzurichten, ist aber mit hohen gesetzlichen Hürden verbunden. Einfacher wäre es darum, ein privates Unternehmen wie Chainalysis damit zu beauftragen.

Lest auch

Die Firma hatte bereits in ihrer Roadmap für das Jahr 2015 einen Eintrag, der für seine Software ein „Bad Actors Reporting“ vorsieht. Also eine Liste mit negativ aufgefallenen Nutzern. Das können zum Beispiel solche sein, die mit Bitcoin illegal Waffen oder Drogen im Darknet gekauft haben.

Das sei nach wie vor ein großes Problem, wie Chainalysis in seinem Crypto Crime Report 2019 schreibt, der vor wenigen Tagen erschienen ist. Auch wenn die Strafverfolgungsbehörden aggressiv gegen Betrüger vorgingen, seien die Marktplätze im Darknet überraschend widerstandsfähig. Transaktionsaktivitäten verlagerten sich schnell auf andere Plattformen, sobald einer der großen Darknet-Märkte geschlossen werde. Die Aktivitäten auf den illegalen Handelsplattformen haben sich 2018 gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt.

Die Prognose für das laufende Jahr? „Wir glauben, dass sich 2019 die Kriminalität auf dezentrale Plattformen verlagern wird“, schreibt Chainalysis. Kriminelle Organisationen, die Kryptowährungen als Bezahlung anbieten, würden außerdem vom Darknet zu verschlüsselten Anwendungen wie Telegram, Signal und Whatsapp wechseln. Bei einigen dieser Programme gebe es bereits Kanäle für Drogenhändler und die Verbreitung von Kinderpornografie.

Das Verlangen nach mehr Sicherheit im Kryptomarkt von Seiten der Anleger und Behörden ist also gerechtfertigt. Wenn mehr Behörden mit Analyse-Startups wie Chainalysis zusammenarbeiten, würde die Verunsicherung bei Käufern und Besitzern von Kryptowährungen vermutlich abnehmen.

Bild: Dong Wenjie/Getty Images