Volkan Bilici (links) und Christian Schiller wollen mit Müll Geld verdienen.

Ein Gedankenexperiment. Der Karibikurlaub war viele Monate geplant. Am Zielort angekommen, ist die Freude groß. Der Strand, das Meer, der Himmel. Alles sieht aus wie im Prospekt. Beim Segeltörn steckt man die Füße ins Wasser. Traumhaft. Aber was ist das? Statt eines Fischs schwimmt eine Plastiktüte im Wasser. Ein ganzer Teppich aus Kunststoffabfällen erstreckt sich vor einem. Unvorstellbar? Nicht für Christian Schiller. Genau das ist dem Berliner vor ein paar Jahren in Kolumbien passiert.

Die Auswirkungen der Meeresverschmutzung seien ihm damals schlagartig bewusst geworden, sagt er heute. Zurück in Berlin beschäftigte er sich mit den Ursachen der Vermüllung und lernte seinen späteren Mitgründer Volkan Bilici kennen. Der hatte über zwei Jahre Erfahrung in der Kunststoffindustrie gesammelt und Verbindungen in die Türkei. Das Land ist einer der weltweit größten Märkte für Kunststoffverarbeitung. Die Idee für Cirplus entstand.

Mit dem Aufbau von digitalen Produkten kennen sich die beiden Gründer aus. Schiller baute mehrere Jahre für das französische Startup BlaBlaCar den deutschen Markt auf. Bilici ist seit über zwölf Jahren Software-Entwickler und Blockchain-Experte. Er hat unter anderem bei den Blockchain-Startups Brickblock und Cubits gearbeitet und war für die Frontier Car Group tätig.

Recycelte Kunststoffe sind wertvoll

Im April 2019 ging ihre Handelsplattform für Altplastik schließlich an den Start. Das Motto der Gründer: „Was einen Wert hat, das wird nicht weggeworfen.“ Die Plattform gibt recycelten Kunststoffen diesen ökonomischen Wert und erhöht den Anreiz, Kunststoffabfälle zu verwerten, statt zu verbrennen oder zu exportieren. Über den Dienst können sich Kunststoffverarbeiter und Recycling-Unternehmen vernetzen und wiederverwertetes Plastik – sogenanntes Rezyklat – handeln. Das funktioniert so: Verkäufer geben die Menge und die Art des Recyklats auf der Plattform ein. Käufer, die danach suchen, sehen das Angebot und können den Verkäufer kontaktieren.

Vor dem Start der Plattform im April seien 43 Unternehmen für die Warteliste registriert gewesen. Kein Wunder. „Das deutsche Verpackungsgesetz und die Plastikstrategie der EU formulieren anspruchsvolle Vorgaben, die die Verpackungsbranche und Abfallwirtschaft vor enorme Herausforderungen stellen“, sagt Schiller. Da könne er mit Cirplus helfen. „Es haben sich Unternehmen aus mehr als 10 verschiedenen europäischen Ländern registriert.“

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Künftig wolle man alle Transaktionen digital abwickeln. Ein Algorithmus soll Käufer und Verkäufer zusammenbringen. Auch die Versandabwicklungen und die Preis- und Mengenanalysen wollen Schiller und Bilici künftig automatisieren. Das langfristige Ziel der beiden ist, die Unmengen an Plastikmüll weltweit auf null zu reduzieren. Ein hohes Ziel, das so vermutlich erst in vielen Jahrzehnten erreicht werden kann. Wenn überhaupt. Vielleicht lässt sich der Karibikurlaub aber schon vorher ohne Müllteppich verbringen.

Bild: Cirplus