DHDL-Produkte: Brauche ich nicht. Vor Corona vielleicht, aber jetzt definitiv nicht und vielleicht auch nicht in einer Welt danach.
DHDL-Produkte: Brauche ich nicht. Vor Corona vielleicht, aber jetzt definitiv nicht und auch nicht in einer Welt danach.

Es ist Dienstag, 20:15 Uhr, Deutschland sitzt vor dem TV und lässt sich berieseln. Was soll man auch anderes tun, ist ja Corona. Die Spielplätze sind zu, Schulen geschlossen, ihr musstet eurem Kind zehnmal das gleiche Buch vorlesen oder die Quadratwurzel erklären.

Keine Kinder? Dann habt ihr einen stressigen Tag im Homeoffice hinter euch. Habt euer Headset für die Telekonferenz verzweifelt gesucht und zum Mittag gab es eine TK-Pizza. Jetzt ist endlich Zeit für euch. Vox läuft, „Die Höhle der Löwen“ startet. Aber: Wie sinnvoll ist das eigentlich, was dort als „neues tolles Produkt“ angepriesen wird?

Wenig sinnvoll, vielleicht in den meisten Fällen sogar gar nicht. So sehe ich es, seitdem die Krise mir gezeigt hat, was wichtig zum Überleben ist und was getrost warten kann. Luxus und lustigen Quatsch – also typische DHDL-Produkte – benötige ich gerade gar nicht. Und auch mancher DHDL-Investor dürfte sich fragen: Was tue ich hier eigentlich? Zugegeben hat das kürzlich Nils Glagau.

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Vielleicht surfe ich aus Langeweile auf die Homepage der DHDL-Startups, aber kaufen tue ich sicher nichts. Ich mache mir Gedanken, ob noch genügend Klopapier im Haus ist, weil die Nachbarn den nächsten Supermarkt leergehamstert haben. Ich überlege, ob ich vielleicht weniger Lohn bekomme, weil ich mein Kind betreue und dadurch kaum Zeit für die Arbeit habe. Ich mache mir Gedanken darüber, ob ich Wasserkonserven und Notnahrung im Keller horten sollte – ok, diese Prepper-Fantasien lege ich schnell beiseite. Aber ich denke definitiv nicht daran, einen Holzkohlegrill mit App-Überwachung zu kaufen. Oder einen Rostentferner aus Obstsäure, oder das Fermentier-Set für zu Hause. Das alles sind DHDL-Produkte. Brauche ich nicht. Vor Corona vielleicht, aber jetzt definitiv nicht und auch nicht in einer Welt danach.

Und dann erwische ich mich dabei, wie ich aus Frust über die Ausgangssperre und die verminderten sozialen Kontakte doch etwas kaufe, um mich glücklich zu machen. Etwas Dopamin in all dem Chaos. Ich scheine mich in einer Zwickmühle zu befinden. Ich möchte konsumieren, um glücklich zu sein. Aber gleichzeitig will ich auch mein Erspartes horten, man weiß ja nicht, was die Zukunft so bringt.

Und dann sind da noch die nicht überlebensnotwendigen Produkte, die ich trotzdem benötige: um mit Kind im Heim nicht verrückt zu werden (die Düsseldorfer Kinder-Audiobox Toniebox ist gerade fast ausverkauft), nicht auf Klopapier angewiesen zu sein (Podusche von Happypo, waren sogar mal bei DHDL!) oder grundsätzlich auf Einkäufe vor Ort zu verzichten (Lieferando und Co).

Anscheinend konsumiere ich gar nicht weniger, nur anders. Ich konsumiere bestimmter, ich konsumiere so, wie es die Situation verlangt. Und Gottseidank gibt es das Internet. So kann ich Shoppen, was noch vor 20 Jahren ohne Internet im Laden gestanden hätte und potenziell ausverkauft wäre. Corona im Jahr 2000? Das wäre mein Albtraum gewesen.

Und bei all dem Elend, den der Virus mit sich bringt. In bestimmten Bereichen zwingt er mich zu einer Konsumpause, oder zumindest zu einem Umdenken. Das ist gut. Denn vielleicht konsumiere ich auch langfristig anders, oder besser, wenn das alles vorbei ist.

Bild: TVNow / Bernd-Michael Maurer