Großes Interesse der VCs an den Startup-Hilfen des Bundes. 

Gründer sind bekannt für ihre Ungeduld. Die Bundesregierung müsse Startups in der Corona-Zeit endlich mit Milliarden unterstützen, sonst seien nicht nur Tausende Arbeitsplätze, sondern auch die Innovationskraft des ganzen Landes in Gefahr, wetterte der Bundesverband Deutsche Startups im April in einem Brandbrief an Finanzminister Olaf Scholz (SPD).

Knapp zwei Monate später können die ersten Mittel in Kürze tatsächlich fließen. „Der erste Antrag ist nach sorgfältiger Prüfung bereits genehmigt, acht weitere stehen kurz vor Beendigung der Prüfung“, sagte Jörg Goschin, Geschäftsführer der zuständigen KfW-Tochter KfW-Capital, im Gespräch mit der Welt.

Namen von Startups, an denen sich der Staat mit Steuermitteln beteiligen wird, nannte er nicht. Nur so viel: Eine größere Zahl komme aus den von der Krise besonders betroffenen Branchen, beispielsweise aus der Gastronomie und dem Tourismus.

„Das Programm stößt auf sehr reges Interesse“, sagte Goschin. Seit dem Start am 14. Mai seien Hilfsgesuche mit einem Gesamtvolumen von 650 Millionen Euro bei KfW Capital und beim Europäischen Investitionsfonds (EIF) eingegangen.

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Das Antragsvolumen macht damit bereits rund die Hälfte der insgesamt 1,2 Milliarden Euro aus, mit denen die Bundesregierung im Rahmen der sogenannten „Corona Matching Fazilität“ (Säule 1 des Rettungsprogramms) Wachstumsunternehmen unterstützen will. Insgesamt stehen Gründern im Rahmen der staatlichen Startup-Hilfen bis Jahresende zwei Milliarden Euro zur Verfügung.

Laut Goschin haben sich bislang 45 europäische Venture Capital Fonds um die Verteilung der staatlichen Mittel beworben. Denn das ist das Besondere an der ersten Säule des Rettungsprogramms: Die staatlichen Mittel werden nicht direkt über KfW Capital und den EIF an Startups verteilt, sondern über private Wagniskapitalfinanzierer – und auch nur dann, wenn diese selbst ebenfalls Geld in die aufstrebenden Unternehmen investieren.

So soll das Ausfallrisiko für den Staat und damit den Steuerzahler begrenzt werden. Zudem darf der Bund nicht mehr als die Hälfte zu einer Finanzierungsrunde beitragen.

Der Staat greift nicht in die Auswahl ein

Die Fonds müssen in ihrem Antrag zwar sagen, in welches junge Unternehmen wie viel Geld fließen wird – auch staatliches. Doch weder KfW Capital noch der EIF greifen in die Auswahl ein.

„Die Prüfung und Investmententscheidungen in die einzelnen Startups übernehmen die Experten der jeweiligen Venture Capital Fonds, die kennen sie am besten“, sagte Goschin zur Arbeitsteilung zwischen den staatlichen Stellen und privaten Kapitalgebern. Die Fonds müssten im Vorfeld natürlich darlegen, dass sie sich in dem Bereich schon länger erfolgreich bewegen, sonst würden sie als Partner gar nicht erst akzeptiert.

Um Zugang zu der Plattform kann sich jeder unabhängige VC-Fonds in Europa bewerben. Die Startups, in die das Geld fließen soll, müssen einen starken Deutschlandbezug haben und zum Stichtag 31. Dezember 2019 noch frei von finanziellen Schwierigkeiten gewesen sein.

Weder die Höhe noch die Dauer der Unterstützung sind gedeckelt. Auch in späteren Finanzierungsrunden – wenn die Wirtschaft wieder besser läuft und staatliche Mittel nicht mehr so gefragt sind – will sich der Bund nicht wieder herausdrängen lassen.

Schon bei der Vorstellung des Programms machten Vertreter des Wirtschafts- und des Finanzministeriums deutlich, dass man bei den Hilfen nicht nur die Risiken sehe. Es spreche einiges dafür, dass der Staat im Falle einer wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie von attraktiven Renditen profitiere. Jetzt könne der Bund schließlich zu günstigen Bedingungen einsteigen.

Keine Vorgaben zur Rendite von Seiten der Politik 

Mit Aussagen zu konkreten Renditezielen hielt sich Goschin allerdings zurück. Vorgaben der Politik gebe es nicht. Sein Anspruch ist allerdings, dass trotz des hohen Ausfallrisikos, dass mit Investitionen in junge Unternehmen einhergeht, am Ende ein Plus bleibt. „In den vergangenen Jahren waren auf dem europäischen Venture-Capital-Markt zweistellige Renditen machbar“, sagte er.

Die nun vom Staat insgesamt zur Verfügung gestellten zwei Milliarden Euro für den staatlichen Startup-Schutzschild sind eine bislang nicht gekannte Größenordnung in Deutschland. Im vergangenen Jahr wurden in der Branche insgesamt nur fünf bis sieben Milliarden Euro Eigenkapital eingesammelt.

Gemessen an der Wirtschaftskraft bewegt Deutschland sich beim Investitionsvolumen für Startup-Finanzierungen seit Jahren nur im europäischen Mittelfeld.

Mit den zwei Milliarden Euro für den staatlichen Startup-Schutzschild soll noch längst nicht Schluss sein. Schon vor der Corona-Krise hatten die Planungen für einen „Zukunftsfonds“ begonnen. Dieser soll ein Volumen von zehn Milliarden Euro haben.

Öffentliche Beteiligung am Impfstoffentwickler Curevac

Zu dem neuen Mut der deutschen Politik, wenn es um öffentliche Beteiligungen an Unternehmen in Zukunftsbranchen geht, passt auch die zu Wochenbeginn bekannt gegebene Investition in den Impfstoffhersteller Curevac. 300 Millionen Euro will der Staat für eine 23-Prozent-Beteiligung an dem Tübinger Biotech-Unternehmen ausgeben.

Wobei für dieses Engagement weniger Arbeitsplatz- und Renditegründe angeführt wurden. Vielmehr geht es vor allem darum, den späteren Zugriff auf einen möglichen Impfstoff gegen das Corona-Virus sicherzustellen, an dem CureVac – wie viele andere Biotechfirmen auch – derzeit arbeitet.

Hohe Renditen haben derzeit ohnehin nur wenige Investoren in der Branche vor Augen. Die Corona-Krise zehrt an der Liquidität vieler Startups. Private Geldgeber schrecken daher vor neuen Finanzierungsrunden zurück – zumindest wenn sie das Kapital selbst aufbringen müssen.

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Mit dem staatlichen Schutzschild wagen sich, wie die Ein-Monats-Bilanz der Anträge auf Hilfsgelder zeigt, nun doch wieder mehr Fonds nach vorn. „In der Pandemiezeit sind diese Hilfen ein gutes und wichtiges Zeichen“, sagte Ulrike Hinrichs, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK).

Sie warnt allerdings davor, dass die Maßnahmen am Ende doch noch verpuffen könnten, weil die bürokratischen Hürden zu hoch sind. Vor allem die Prüfung der Anträge durch KfW Capital könnte aus ihrer Sicht rascher gehen.

Dieser Text erschien zuerst auf Welt.de

Bild: Bethany Legg / Unsplash