Wir sind gekommen, um Ihnen den Jazz zu bringen. Saxophonist Kamasi Washington mit zwei Freunden.

Ausgerechnet Kalifornien. Der US-Westküstenstaat verschärf seine Datenschutzregeln und orientiert sich dabei an den Bestimmungen der europäischen Datenschutzgrundverordnung. Die Verordnungen des alten Europa sind Vorbild für die Heimat von Facebook und Google. Man will es nicht länger hinnehmen, dass diese großen Unternehmen mit den Daten ihrer Kunden machen können, was sie wollen, heißt es. Wenn das kein Triumph für Europas Datenschützer ist. 

Kalifornien ist für seine liberale Grundhaltung bekannt. Niemand stört sich daran, dass Marihuana quasi frei erhältlich ist. Im Gegenteil. Fast alle rauchen mit. Als im Jahr 2013 unter der Obama die landesweite Verwaltung wegen Geldmangels ruhen musste, störte sich niemand daran. Die Geschäfte gingen weiter, als ob nichts passiert wäre. Die meisten Menschen auf der Straße hatten gar nicht mitbekommen, dass ein sogenannten Regierungs-Shutdown stattgefunden hatte.

Kunden sollen verstehen, was mit ihren Daten passiert

Genau so ist man bis jetzt mit der Daten-Frage umgegangen. Eher bedenkenlos. Es wurde halt so gemacht, kaum jemand hat das Vorgehen der hypererfolgreichen Tech-Firmen in Frage gestellt. Im Gegenteil, man war stolz auf die Vorreiterrolle der USA im Geschäft mit dem Internet und Daten. Jetzt will man die Unternehmen zu mehr Transparenz zwingen. Kunden sollen verstehen, was mit ihren Daten passiert und im Zweifelsfall die Nutzung mit einem einfachen Klick untersagen können. Bußgelder sind im „California Consumer Privacy Act“ allerdings nicht vorgesehen.

Hoffentlich haben sich der Senat und das Repräsentantenhaus und der Gouverneur des US-Bundesstaates, Jerry Brown, genau angeschaut, welche Folgen die DSGVO bisher in Europa hatte. Die rechtlichen Auswirkungen sind auch Monate nach Inkrafttreten immer noch nicht abzusehen. Die große Abmahnwelle ist zwar bis jetzt ausgeblieben, Bußgelder wurden noch nicht verhängt. Trotzdem hat die Grundverordnung zum Teil skurrile Auswirkungen.

Gelernt werden soll ja auch noch

An deutschen Schulen herrscht zum Beispiel eine große Unsicherheit, welche Daten von Schülern und Eltern man überhaupt noch rechtlich einwandfrei vorhalten darf. Die Schule muss nachweisen, dass sie die datenschutzrechtlichen Grundsätze beachtet und einhält. Die Umsetzung der Grundsätze muss dabei dokumentiert werden. Es muss festgehalten werden, wie diese Grundsätze einzeln umgesetzt wurden. Lehrer müssen datenschutzrechtlich geschult werden. Ach ja, gelernt und gelehrt werden soll auch noch. 

In Österreich gibt es anders als in Deutschland Ausnahmen von der DSGVO für Privatleute, Handwerker und Freiberufler. Das macht die Sache etwas übersichtlicher. Hierzulande gilt die Beweislastumkehr. Unentgeltlich Tätige werden dazu gezwungen, einen großen bürokratischen Aufwand zu betreiben. Facebook und Google machen dagegen nach ein paar Klicks ihrer Nutzer so weiter wie bisher.

Hätte man sich auch früher drum kümmern können

In der Gründerszene-Redaktion rief vor ein paar Tagen eine völlig überlastete Marketing-Mitarbeiterin eines Startups an und fragte, ob wir weiter den Newsletter des Unternehmens erhalten wollten. Auf Nachfrage berichtete sie, dass sie gerade dabei sei, 1.500 Firmen einzeln abzutelefonieren, um der DSGVO gerecht zu werden. Datenschutz per Telefon. 

Jetzt kann man allen Problemen der Umsetzung der Grundverordnung argumentieren, dass man ja früher hätte anfangen können, sich um diese Art von Problemen zu kümmern. Man hätte ja Zeit genug gehabt. Das ist natürlich richtig. Man hätte aber als Gesetzgeber auch drauf achten können, dass nicht ausgerechnet die kleinen Unternehmen und Privatleute in die Datenschutz-Falle laufen und die Giganten fast ungeschoren davon kommen. 

Aber es gibt ja neue Hoffnung. Die Bundesregierung will prüfen, ob Nachbesserungen an der DSGVO nötig und geboten sind. Vielleicht sollten man seinen Blick nach Österreich und Kalifornien richten. Es könnte sein, dass die Verantwortlichen dort mit mehr Augenmaß entschieden haben, um eine Verordnung zu verabschieden, die tatsächlich im Interesse der Internetnutzer ist und nicht in weiten Teilen als Fortschrittsbremse funktioniert.

Ein richtig großes Werk ist dagegen das neue Album Heaven and Earth von Kamasi Washington, der den Jazz in den Pop bringt – oder andersherum.

Foto: Screenshot / Youtube / Kamasi Washington