Die beiden Tennie-Stars Lisa und Lena sind mit der Plattform berühmt geworden.
Die beiden Teenie-Stars Lisa und Lena sind mit der Plattform berühmt geworden.

Lisa und Lena wären ohne die App wohl nie berühmt geworden. Seit drei Jahren posten die Zwillinge auf Musical.ly Videos, in denen sie lippensynchron die Hits der Stars nachsingen. Eine ganze Generation junger Teenager nutzt seit 2014 die App, um selbst auch eigene 15-sekündige Clips hochzuladen. 

Doch am Donnerstag mussten die „Muser“, wie sich die Anhänger des Musikvideonetzwerks selbst nennen, feststellen, dass die App von ihrem Smartphone verschwunden war. Stattdessen steht nun „Tik Tok“ in der Liste der Anwendungen.

Die chinesische Mutterfirma Bytedance hat sich entschlossen, den Markennamen Musical.ly radikal verschwinden zu lassen, und portiert die mehr als 200 Millionen Musical.ly-Nutzer ohne Rückfrage zur eigenen Kurzvideo-App Tik Tok. Bytedance hatte Musical.ly erst im November 2017 für mehr als eine Milliarde Dollar eingekauft und versucht nun den Neustart.

Denn der Hype der selbst gedrehten Playback-Musikvideos hat das Verfallsdatum bereits überschritten, zuletzt waren nur noch gut 60 von den 200 Millionen registrierten Nutzern auch tatsächlich mindestens einmal pro Monat aktiv.

Schwester-App ist breiter aufgestellt

Mit dem neuen Namen versucht Bytedance sich rechtzeitig vom Trash-Musik-Image der Tanz-App Musical.ly zu trennen. Die Schwester-App Tik Tok ist breiter aufgestellt, dort veröffentlichen die meist jugendlichen Nutzer nicht nur Musikvideos, sondern auch Comedyclips, Pranks, Minitutorials und Memes.

Tik Tok hat zudem die deutlich größere Nutzerbasis: Die vor allem in Asien populäre App kommt auf mehr als 500 Millionen aktive Nutzer, die meisten davon in China. Laut einer Analyse des chinesischen Internetkonzerns verbringt ein Viertel der chinesischen Nutzer täglich mehr als eine Stunde mit der App. 

Musical.ly war zuletzt in die Kritik von Jugendschützern geraten, da dort erwachsene Nutzer im Schutze der Anonymität junge Mädchen dazu verleiteten, in ihren Videos möglichst knapp bekleidet sexuell eindeutig zu posieren. Unter Suchwörtern wie „bellydance“ sammelten diese Nutzer Material hart an der Grenze zur Pädophilie. Auf Tik Tok will Mutterfirma Bytedance nun mittels Suchalgorithmen nicht nur einen breiteren Mix an Videos präsentieren, sondern auch eindeutig erotisches Material von Minderjährigen aussortieren.

Die Musical.ly-Nutzer reagierten auf den überfallartigen Wegfall ihrer Lieblings-App in sozialen Netzwerken teils traurig, teils entsetzt: „Ich bin doch keine Uhr“ oder „Ich werde immer ein Muser sein“ lauteten einige Kommentare auf Instagram und Twitter.

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Dieser Text erschien zuerst auf Welt.de.

Bild: Getty Images / Jeremy Moeller / Kontributor