Selfies beim Kick-Off-Treffen: Die Einhorn-Gründer Philip Siefer (1. Reihe, 2.v.l.) und Waldemar Zeiler (2. Reihe, 1.v.r.) zusammen mit Autorin Charlotte Roche (1. Reihe, ganz rechts).

Nächstes Jahr im Juni, 90.000 Leute, Berliner Olympiastadion, Live-Petitionen – diese Details des Mega-Polit-Events stehen bereits fest. Hauptorganisator ist das Berliner Startup Einhorn, Hersteller von veganen Kondomen und Periodenprodukten. Eine Einhorn-Veranstaltung soll #12062020olympia aber nicht sein. „Das wird leider oft missverstanden“, sagt Markus Wörner, Head of PR bei Einhorn, gegenüber Gründerszene.

Die prominentesten Gesichter der Veranstaltung sind trotzdem die Gründer Waldemar Zeiler und Philip Siefer, die im Promovideo für das Event neben der Autorin Charlotte Roche oder Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer auftreten. Auch die Kommandozentrale für die Organisation dieses Riesen-Events befindet sich im Einhorn-Büro.

Ihren politischen Aktivismus haben die Berliner erstmals Anfang dieses Jahres bewiesen, als sie eine Unterschriftenaktion bewarben, um den Steuersatz auf Periodenprodukte zu senken. Die Steuersenkung ging durch und zeigte den politischen Einfluss, den Petitionen haben können. Im Sommer veranstaltete Einhorn außerdem eine erste Bürgerversammlung in Berlin, zu der nach eigenen Angaben etwa 2.500 Leute kamen. „Es gibt ein riesiges Interesse, an Lösungen zu arbeiten“, sagt Wörner. Irgendwann danach sei dem Team um Zeiler und Siefer dann die Idee zur Mega-Bürgerinnenversammlung gekommen. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits seit Monaten, so der Einhorn-Sprecher.

Genauer Ablauf und Themen der Veranstaltung „bewusst offen gelassen“

Wie genau die Veranstaltung ablaufen soll, steht noch nicht fest. Auch über die Inhalte der Petitionen sei man sich noch nicht einige. Zunächst wolle man sich auf das Crowdfunding fokussieren und dann gemeinsam mit der Community Themen erarbeiten, sagt Wörner.

Das Crowdfunding ist in der vergangenen Woche auf Startnext gestartet. Dort können Nutzer entweder für das Event spenden oder ein Ticket kaufen. 1,8 Millionen Euro wollen die Veranstalter innerhalb von 30 Tagen einnehmen. So viel würde das eintägige Event inklusive Miete, Veranstaltungstechnik und Sicherheitspersonal im Berliner Olympiastadion etwa kosten, schätzen sie. Gelingt die Schwarmfinanzierung nicht, sollen alle ihr Geld zurückbekommen.

Auch durch die Unterstützung prominenter Influencer wie Charlotte Roche oder Sängerin Joy Denalane ging das Event schnell viral. Wenige Stunden vor dem Start der Crowdfunding-Kampagne deaktivierte Instagram sogar vorübergehend den Account des Events. Weil er zu schnell gewachsen war, vermutete die Plattform einen Bot, erzählt Markus Wörner.

Über Crowdfunding Geld und Kritik eingesammelt 

Am ersten Tag des Crowdfunding kamen 200.000 Euro zusammen, nach fünf Tagen sind es 360.000 Euro. Die Organisatoren zeigen sich zufrieden: „Die ersten Tage sind super gut gelaufen, aber es muss natürlich immer weiter gehen. Bis zu den 1,8 Millionen ist es noch ein weiter Weg“, sagt Wörner.

Zusätzlich zu den 360.000 Euro hat das Team aber auch eine Menge Kritik eingesammelt, unter anderem von TV-Moderator Jan Böhmermann. Ein Kritikpunkt ist der Eintrittspreis: 29,90 Euro kostet das Tagesticket über Startnext. Politische Teilhabe ja, aber nur als kostenpflichtiges Event? „Die 30 Euro zahlt man nicht für die Demokratie, sondern für das Olympiastadion“, sagt Wörner. „Wir wollten die Idee zusammen mit der Crowd und ohne Sponsor finanzieren.“

Ein politisches Event, gepusht von einem Privatunternehmen – für Comedian Böhmermann geht die Kombination aus wirtschaftlichem Erfolg und sozialem Engagement schwer zusammen. Trotzdem glaubt Wörner nicht, dass die Kritik an der Veranstaltung damit zusammenhängt, dass ein Startup als Mitinitiator fungiert. „Wir sind der festen Überzeugung, dass sich Unternehmen politisch interessieren müssen“, sagt er.

Kritik kam auch von Seiten der Fridays-for-Future-Bewegung, die eigentlich als offizieller Projektpartner der Petitionsveranstaltung geführt wird. Einzelne Ortsgruppen wie etwa Fridays for Future Frankfurt meldeten sich auf Twitter zu Wort, dass sie nicht über die Beteiligung an dem Projekt befragt wurden. Mittlerweile ist auf der Startnext-Seite des Events als Partner nur noch FFF Berlin aufgeführt.

Das Olympia-Team nimmst sich die Kritik zu Herzen. Man sei gerade dabei, alle Kritikpunkte zu sammeln und zu überlegen, wie man sie in die Organisation aufnehmen könne. „Wir schauen gerade, wie wir das Event noch inklusiver gestalten und noch mehr Leute einbeziehen können“, sagt Wörner. Und er beteuert: „Wir finden es toll, dass jetzt so viel diskutiert wird.“

Auch wenn das Crowdfunding am Ende scheitern würde – am politischen Einsatz von Einhorn würde es nichts ändern, glaubt Wörner. „Wir würden uns trotzdem weiter engagieren, völlig egal ob wir die Veranstaltung machen oder nicht.“

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Bild: Stefan Müller