Mit ESOP sollen nicht nur Gründer und Investoren vom Unternehmenserfolg profitieren.

Wie lockt man Tech-Talente ins Startup? Vor allem in den USA, aber auch in Ländern wie Israel oder Estland wird das gerne damit gemacht, Mitarbeiter direkt am Unternehmen zu beteiligen. Die Logik ist einfach: Ist das Startup bald viel wert, haben auch die Angestellten etwas davon – zusätzlich zum Gehalt, das sich vor allem zu Beginn mitunter überschaubar gestaltet. Employee Stock Option Plans, kurz: ESOPs, sollen auch als Motivation dienen, länger im Unternehmen zu bleiben – und engagiert am Erfolg zu arbeiten.

Wie Mitarbeiterbeteiligungsprogramme in der Praxis funktionieren, was der Unterschied zwischen ESOP, VSOP und Phantom Shares ist und wie verbreitet die Programme in deutschen Startups sind, haben wir in diesem Fachbeitrag im Detail betrachtet:

Weil das beim Exit ausgeschüttete Geld oftmals in der Szene bleibt und als Investments oder bei neuen Gründungen direkt in andere Startups fließt, können Beteiligungsprogramme auch einen signifikanten Teil zur Entwicklung des Ökosystems beitragen. So zumindest die Erfahrungen aus dem Silicon Valley, wo deswegen schon seit vielen Jahren Wert darauf gelegt wird, Mitarbeiter teilhaben zu lassen. Und das mit bemerkenswerten Erfolgsgeschichten. Konkretes Beispiel? Stolze 19 Milliarden Euro legte Facebook für den Messenger-Dienst Whatsapp im Jahr 2014 hin. Der hatte zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 55 Mitarbeiter, von denen nahezu alle am Unternehmen beteiligt gewesen sein sollen – einige mit bis zu einem Prozent. Und auch wenn die Mehrheit geringere Pakete besessen haben dürfte, so bleiben dennoch beachtliche Beträge für jedes einzelne Teammitglied.

Aber auch in Deutschland gibt es bereits Paradebeispiele. So hat das Berliner Startup 6Wunderkinder, das Unternehmen hinter der erfolgreichen To-do-App Wunderlist, seine Angestellten beim dreistelligen Millionen-Exit an den Softwarekonzern Microsoft beteiligt. „Wenn führende Mitarbeiter von Milliardenunternehmen wie Getyourguide irgendwann einen Börsengang mitmachen und ihren Gewinn wieder in andere Startups investieren – davon lebt doch unser Ökosystem“, sagt auch Christian Miele. Er ist Partner beim Investor Eventures und seit Kurzem Vorsitzender des Startup-Verbands.

ESOPs – in Deutschland vor allem aus zwei Gründen unattraktiv

Nur: Mitarbeiterprogramme sind in Europa und insbesondere in Deutschland bisher nicht besonders einfach umzusetzen. Auf einer Studie des Wagniskapitalgebers Index Ventures noch von 2017 landete die Bundesrepublik bei den Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen auf Platz 21 von 22 untersuchten Industrienationen. Index Ventures hat daher in Kooperation mit führenden europäischen Unternehmern die politische Initiative Not Optional gegründet.

Geändert hat sich seitdem in Deutschland dennoch nichts. „Es hat sich niemand richtig darum gekümmert“, glaubt Eventures-Partner Miele. Auch der Bundesverband Deutsche Startups trommelt deshalb nun für das Thema – mit einer weiteren Studie, die die Vorteile von ESOPs verdeutlichen soll, und mit einer begleitenden Crowdfunding-Kampagne.

Vor allem zwei Dinge sind es, die der Verband ankreidet: der Versteuerungszeitpunkt und die Versteuerungsgrundlage für die Mitarbeiteranteile. Beides mache ESOPs in Deutschland sehr unattraktiv. Derzeit müssen die Anteile beziehungsweise Optionen schon bei der Zuteilung versteuert werden – und nicht erst bei Verkaufserlösen. Das führe dazu, dass Mitarbeiter teils hohe Summen an das Finanzamt abführen müssen – ohne überhaupt einen Erlös bekommen zu haben.

Zudem gelte als Grundlage für die Abgaben an den Staat der individuelle Steuersatz, der bis zu rund 50 Prozent betragen kann. In anderen Ländern würden für Gewinne aus ESOPs demgegenüber Steuersätze zwischen 20 und 25 Prozent fällig. Virtuelle Beteiligungsprogramme könnten diese Nachteile zwar teilweise umgehen. Allerdings lieferten die auch nicht die gleichen Anreize wie die Vergabe von echten Firmenanteilen.

Um in Deutschland international wettbewerbsfähige Bedingungen zu schaffen, will der Verband die Ergebnisse der Studie noch vor der politischen Sommerpause Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vorlegen. Das eingesammelte Crowd-Geld – 50.000 Euro sollen es werden – soll in eine Marketingkampagne fließen. Tipps für die Kampagne hätten Miele und sein Team vom Marketing-Experten Florian Heinemann bekommen. So wolle der Verband politische Entscheider auf Linkedin und Facebook targeten, „aber auch gezielt Laternenpfosten im Regierungsviertel plakatieren“, erklärt der Vorstandsvorsitzende.

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