Die politische Einflussnahme auf sozialen Netzen bleibt Dauerthema.
Die politische Einflussnahme auf sozialen Netzen bleibt Dauerthema.

Eigentlich sollte alles gut werden. Gegenüber der EU-Kommission hatten sich die großen sozialen Netzwerke schon im September 2018 freiwillig dazu verpflichtet, bekannte Fake-Accounts und Bots rasch zu entfernen. Insbesondere politische Einflussnahme soll dabei unterbunden werden. Twitter hat zuletzt politische Werbung ganz von der Plattform verbannt. Facebook sprach sich gegen ein solches Vorgehen aus.

Im lettischen Riga sitzt eine Denkfabrik, die das zwischen Mai und August dieses Jahres einmal überprüft hat. Das Strategic Communications Centre (Stratcom) gehört zur Nato und ist auf die Abwehr von Propaganda ausgerichtet. Laut einem gerade veröffentlichten Bericht konnten Stratcom-Forscher für nur 300 Euro bei sogenannten Manipulation Service Providers (MSPs) insgesamt 3.530 Kommentare, 25.750 Likes, 20.000 Seitenabrufe und 5.100 Follower auf Facebook, Instagram, Twitter und Youtube kaufen.

Dabei nahm die Einrichtung das Angebot elf russischer, zwei deutscher sowie jeweils eines polnischen, französischen und italienischen Anbieters von Meinungsmache in sozialen Medien in Anspruch. Insgesamt sei man so auf 54.000 „nicht-authentische“ Interaktionen rund um 105 verschiedene Beiträge gekommen, heißt es von der Denkfabrik. Die gekauften Inhalte stammten dem Bericht zufolge von 18.739 unterschiedlichen Accounts.

Von den immer wieder versprochenen Gegenmaßnahmen der Netzwerkanbieter war den Forschern zufolge nicht viel zu merken: Vier Wochen nach der Veröffentlichung seien vier von fünf der manipulativen Posts weiterhin online gewesen. Um die Netzwerke weiter zu testen, wurde eine Auswahl der Fake-Accounts also solche gemeldet. Auch danach passierte nichts, drei Wochen später seien 95 Prozent der Konten weiterhin online gewesen. Der Großteil der Accounts sei in dieser Zeit unverändert aktiv geblieben.

Zwar liege der Fokus der Troll-Fabriken typischerweise eher auf kommerziellen Zwecken. Vier von fünf der gesamten beobachteten Facebook-Accounts hätten sich dennoch in irgendeiner Weise mit politischer Manipulation beschäftigt. Die Forscher identifizierten Engagements auf 721 politischen Seiten und 52 offiziellen Regierungsauftritten, darunter die Konten zweier Präsidenten, einer europäischen Partei sowie verschiedener jüngerer und kommunaler Politiker in Europa und den USA.

Wie die einzelnen Netzwerke abschnitten? Auf Platz vier landete Instagram mit einer Quote bei gelöschten Fake-Accounts von 14 Prozent. Nur wenig besser Facebook: 21 Prozent der Konten waren dort am Ende des Betrachtungszeitraums verschwunden. Bei Youtube wurden zwar nur elf Prozent der Konten gelöscht. Weil der Dienst aber der einzige war, der erfolgreich manipulierte Inhalteabrufe wieder richtiggestellt habe, belegt er aus Sicht der Stratcom-Forscher Platz zwei. Am besten funktionierte die Erkennung und Löschung der betroffenen Fake-Konten bei Twitter. Etwas mehr als ein Drittel davon wurden innerhalb von sechs Wochen stillgelegt.

Trauriges Fazit der Untersuchung: Am Ende bietet keines der sozialen Netzwerke den Trollfabriken genügend Paroli – trotz aller Versprechungen.

Bild: filo / Getty images