Makerist ist Ende 2016 von Kreuzberg nach Treptow gezogen, hat dafür eine Maklerin beauftragt

Einer der größten Vorteile für Berlin als europäischen Startup-Hotspot war die billigen Mieten. Doch das war einmal. In den zentralen Stadtteilen liegen die Mieten für Büros meist über 31 Euro pro Quadratmeter, wie eine Auswertung des Immobilienberaters Colliers zeigt. Viele Gründer zieht es anfänglich nach Mitte, doch da gibt es kaum noch freie Flächen. In der gesamten Hauptstadt stehen gerade einmal 1,5 Prozent der Büros leer. Viele Startups weichen mittlerweile auf die Randbezirke aus: Makerist ist Ende 2016 außerhalb des S-Bahn-Rings nach Treptow gezogen, die Gebrauchtwagenplattform Heycar im Oktober nach Wedding und einige Biotech-Firmen siedeln sich im entfernten Adlershof an. 

Doch wie finden Gründer überhaupt ein neues Büro und was sollten sie bei der Suche beachten?

1. Kaufen oder Mieten?

Die Frage, ob Unternehmen einfach nur neue Räume anmieten wollen oder gleich selbst welche kaufen, betrifft meist eher große Firmen. Das Hauptquartier von Rocket Internet gehört dem Company Builder beispielsweise selbst. Hat die Firma fixes Kapital und ändert sich die Größenordnung in den nächsten Jahren nicht mehr, dann mag das eine mögliche Option sein. Allerdings lassen sich in Berlin meist nur noch komplette Gebäude kaufen, keine einzelnen Etagen mehr, so der Colliers-Partner Marcus Lehmann.

2. Genügend Zeit einplanen

Für die Suche nach Mietfläche sollten Startups mindestens ein Jahr einplanen, rät Lehmann. Bei Büros über 1.000 Quadratmeter Fläche sogar länger. In der Regel besichtigten Unternehmer mindestens fünf Standorte, maximal aber 20, bis sie den richtigen gefunden haben, so der Colliers-Partner. Dabei sollten die Mieter nicht vergessen, dass sich noch mehr Interessenten auf die ausgeschriebenen Immobilien bewerben. In Berlin können das auch mal zehn Anwärter auf ein Büro sein.

Makerist habe seine neuen Räume beispielsweise binnen fünf Monaten gefunden, währenddessen „rund 15 sehr unterschiedliche Objekte angeschaut“, schreibt Mitgründer Axel Heinz. Die IT-Jobbörse Honeypot suchte nach eigenen Angaben ähnlich lange. Anders Heycar: Das Mobility-Startup habe ungefähr ein Jahr gebraucht, so CEO Markus Kröger.

3. Verschiedene Plattformen nutzen

Der preisgünstigste Weg ist über das eigene Netzwerk. Häufig vermieten Startups Räume in ihren eigenen Büros unter oder berichten auf Linkedin oder Facebook von frei gewordenen Räumlichkeiten. Heycar habe zum Beispiel von einigen verfügbaren Locations durch befreundete Unternehmer erfahren. Das Catering-Startup Heycater habe sein aktuelles Office über Ebay Kleinanzeigen entdeckt, so die Gründerin Therese Köhler.

Auch auf Portalen wie Immobilienscout24 sind immer wieder Flächen ausgeschrieben. Allerdings erfordert die Suche Zeit, nur um dann doch an Makler verwiesen zu werden. Die Immobilienvermittler verlangen zwar hohe Gebühren, nehmen jedoch viel Arbeit ab. Letzteres war für Makerist ein Grund, einen Experten zu beauftragen: „Die Suche mit der Maklerin hat 10.000 Euro gekostet. Allerdings haben wir dadurch sehr viel Zeit gespart und am Ende das schönste und auch noch preiswerteste Objekt gefunden. So haben wir die Provision nach eineinhalb Monaten wieder eingespart“, so Mitgründer Heinz.

4. Bonitätsinformationen aktuell halten

Die Auskunft über die Creditreform eines Unternehmens ähnelt der Bonitätsprüfung durch die Schufa. Die erste Auskunft, die sich Vermieter einholen, sei die über die wirtschaftliche Situation der Bewerber, so Lehmann von Colliers. Er rät daher, dass Startups sämtliche Jahresabschlüsse bei Creditreform eintragen sollten, um einen guten Bonitätsindex im Vergleich zu anderen Bewerbern zu haben. In der Auskunft sehen Vermieter nicht nur, wie sich die Gewinne und Verluste des Unternehmens entwickeln, sondern auch, wie sehr die Mitarbeiterzahl schwankt oder mit welchen externen Mitteln sich das Startup finanziert.

5. Kriterienkatalog vorbereiten

Haben Gründer tatsächlich einen Besichtigungstermin bekommen, sollten sie sich diverse Fragen stellen. Um nur einige zu nennen: Ist das Büro gut geschnitten, um die Arbeitsplätze effektiv aufzuteilen? Eignet sich die Fläche eher für ein Großraumbüro oder Einzelbüros? Kann man als Ausweichmöglichkeit Wände herausreißen, um größere Räume zu bekommen? Was ist in den Nebenkosten enthalten – Aufzug, Kühlung, Empfang? Colliers-Partner Lehman sagt, dass die Nebenkosten maximal acht Euro pro Quadratmeter kosten sollten. Welche Verpflegungsmöglichkeiten gibt es am Standort? Wenn es kaum Imbisse gibt, ist die Küche groß genug, um dort zu kochen? Wie ist das Office an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen? Gibt es eine Mindestmietdauer und was passiert, wenn der Vertrag vorzeitig gekündigt wird?

6. Ansprüche nur bedingt herunterschrauben

Nach den Erfahrungen von Immobilienberater Marcus Lehmann setzen Startups nach langer, ergebnisloser Suche oft ihre Anforderungen an das neue Büro herunter. Wenn es um die Lage geht, sollten Gründer auch andere Bezirke in Betracht ziehen, darunter sollte aber nicht die Qualität der Arbeitsplätze leiden, so der Colliers-Partner. 

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Für das Vermittlungsportal für Ehrenamtliche Vostel wäre ein anderer Stadtteil erst einmal keine Option, wie Mitgründerin Hannah Lutz im Gespräch mit Gründerszene erzählt. Derzeit sitzt das 13-köpfige Team in Neukölln. Ein Umzug nach West-Berlin sei für Vostel keine Option. Das Startup sehe sich als soziale Firma, deren Image im wohlhabenderen Charlottenburg nicht funktionieren würde. „Wir sind ein Neuköllner Startup“, sagt Lutz bestimmt.

Die Lage war für Honeypot zwar nicht so wichtig wie für Vostel, das Startup musste seine Kriterien dennoch überarbeiten. Anfangs habe die Jobbörse nach einem Büro zwischen 600 und 800 Quadratmetern gesucht, so ein Sprecher. Als es nicht fündig wurde, habe die Plattform die gesuchte Fläche ausgeweitet und ebenfalls nach untervermieteten Locations und kurzen Vertragslaufzeiten Ausschau gehalten. Letztendlich habe Honeypot ein Office mit 460 Quadratmetern bezogen, kleiner als ursprünglich geplant.

7. Andere Möglichkeiten in Betracht ziehen

Das Freiwilligen-Portal Vostel sitzt beispielsweise in einem Gemeinschaftsbüro mit einer Anwaltskanzlei. Auch Coworking-Spaces können eine Option sein, vor allem, wenn es um Standorte in anderen Städten geht. Allerdings muss ein neuer Standort nicht immer die einzige Lösung sein, sagt Colliers-Partner Lehmann. Eventuell lassen sich Büros einfach umbauen. Meetingräume oder Loungebereiche könnten so zu Arbeitsplätzen umfunktioniert werden. 

Auf dieser Karte erkennt ihr, wie sich die Startup-Szene in Berlin verteilt.


Bild: Makerist