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Der Heidelberger Danyal Bayaz ist der Startup-Beauftragte der Grünen.

Neben dem CDU-Mann Thomas Jarzombek ist er einer der wichtigsten Startup-Politiker in Deutschland: Danyal Bayaz, Bundestagsabgeordneter bei den Grünen und Startup-Beauftragter seiner Partei. Seit 2017 sitzt der 36-Jährige im Bundestag, vorher war der Wirtschaftswissenschaftler bei der Boston Consulting Group beschäftigt.

Die kürzlich verabschiedeten Corona-Hilfen für Startups der Bundesregierung sind für den Oppositionspolitiker ein wichtiges Zeichen: „Startups spielen für die Transformation einer Volkswirtschaft eine enorm wichtige Rolle“, sagt Bayaz gegenüber Gründerszene.

Im Interview spricht der Politiker über die Frage, ob der Rettungsschirm nicht eigentlich eine Abwrackprämie für VCs ist, und warum er es sinnvoll findet, die Investments aus dem Matching-Fonds mit einem Maximalbetrag zu deckeln. Und er erklärt, wie eine staatliche Startup-Förderung auch nach Corona aussehen könnte.

Danyal, nach langem Warten wurden nun in der vergangenen Woche weitere Details zum geplanten Startup-Rettungsschirm der Bundesregierung bekannt. Bist du zufrieden mit dem Ergebnis?

Das Rettungspaket kann sich sehen lassen. Auch weil wir ein klares Signal senden, das über die Startups hinausgeht. Das Paket ist ja nicht nur zur Rettung von Jobs gedacht, sondern auch zur Sicherung unserer Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Es war allerdings unnötig, dass über die Corona-Hilfen für Startups so lange Unklarheit herrschte. Mir ist klar, dass solch ein Rettungspaket nicht trivial ist – in den Ministerien ist sicher keiner um 17 Uhr nach Hause gegangen. Aber ein kurzes „Wir haben euch nicht vergessen, da kommt was“ vonseiten der Verantwortlichen wäre gut gewesen. Ansonsten ruft das Unsicherheit bei den Startups hervor.

Hier gibt es weitere Infos zum geplanten Rettungsschirm: 

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Abgesehen von der zeitlichen Verzögerung – wie beurteilst du inhaltlich den Rettungsschirm mit seinen beiden Säulen, dem Matching-Fonds und den Soforthilfen durch die Länder?


Es ist gelungen, mit der ersten Säule ein geeignetes Matching-System für VC-Investments zu finden. Hier sind die Hürden allerdings nicht niedrig. Durch die zweite Säule bekommen auch kleinere Startups Unterstützung. Ich hoffe aber, dass es bei den Soforthilfen nicht zu Unstimmigkeiten zwischen Bund und Ländern kommt – so wie wir es jetzt in der Diskussion um die Corona-Lockerungen gesehen haben, wo jedes Bundesland sein eigenes Ding macht. Außerdem wünsche ich mir, dass wir mit den angestoßenen Maßnahmen nicht nur auf die akute Krise reagieren, sondern auch die Zeit nach Corona im Blick haben.

Was meinst du damit konkret?

Wir reden zum Beispiel gerade viel über Abwrackprämien. Ich bin zwar kein Fan von Kaufprämien, finde es aber dennoch legitim, dass wir diese Diskussion führen, wenn es um kurzfristige Maßnahmen geht. Ob wir 2030 noch gut aufgestellt sind, hängt aber nicht an der Frage, ob wir kurzfristig den Konsum ankurbeln, sondern vor allem an unserer Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Wir retten Startups nicht, weil sie eine coole Community sind, sondern weil sie für die Transformation einer Volkswirtschaft eine enorm wichtige Rolle spielen.

Um bei deinem Bild zu bleiben: Ist der Startup-Rettungsschirm in diesem Sinne nicht eine Art Abwrackprämie für VCs, also ein Investitionsanreiz für Geldgeber?

Ich würde da differenzieren zwischen kurzfristigen akuten Hilfen und langfristigen Maßnahmen. Die Rettungspakete sind eine Antwort auf die derzeitige Krise. Wir wollen damit die Wirtschaft in ihrer Breite zu unterstützen, damit sie wieder auf die Beine kommt. Das gilt für Solo-Selbstständige, Mittelständler, Konzerne und eben auch für Startups.

Sind die Startup-Hilfen also sinnvoll, weil alle anderen sie ebenfalls bekommen?

Keiner sollte in dieser Krise durchs Raster fallen und wir sollten in einer solchen Situation auch nicht Unternehmen oder Branchen gegeneinander ausspielen. Es war extrem wichtig, dieses Kriseninstrument schnell auf den Weg zu bringen. Aber vielleicht können wir schon im Herbst die Situation erneut prüfen: Müssen wir die Hilfen verlängern oder sogar aufstocken? Oder merken wir, dass wir das Gröbste hinter uns haben und können andere Instrumente auf den Weg bringen?

Manche Gründer wie etwa der Chef von Wunder Mobility, Gunnar Froh, glauben, dass Startups eigentlich gar keine Hilfen benötigten. Froh befürchtet, dass so auch Firmen ohne valides Geschäftsmodell weiter finanziert würden.

Die Kritik ist berechtigt und ich kann sie nicht entkräften. Wir haben sehr viel Geld in die Hand genommen, um kurzfristig mehr oder weniger alles und jeden zu unterstützen. Gibt es da Mitnahmeeffekte? Sicherlich. Gibt es da Unternehmen, die kein solides Geschäftsmodell mehr hatten oder haben? Ja. Dennoch haben wir uns pragmatisch dafür entschieden, diese Hilfen auf den Weg zu bringen, um denjenigen, die es brauchen und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell haben, helfen zu können. Aber deshalb ist beim Matching-Fonds so wichtig, dass private Investoren beteiligt sind. Die übernehmen den Qualitätscheck, den staatliche Stellen gar nicht leisten können. Grundsätzlich plädiere ich allerdings dafür, dass auch der Staat das „Trial and Error“-Prinzip für sich in Anspruch nimmt, wenn er Ideen und Innovationen fördert.

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Ein weiterer Kritikpunkt von Gunnar Froh und anderen lautet, dass der Rettungsschirm vor allem den VCs dient, die so ihr Investmentrisiko auf den Staat abwälzen.

Was ich bisher aus den Ministerien gehört habe, soll es da einen Vorsorge-Mechanismus geben. Damit private Investoren nicht auf die Idee kommen, Cherry Picking zu betreiben und die tollen Investments alleine zu machen, hat das BMF in die Startup-Hilfen eine sogenannte Andienungspflicht integriert. So hat der Bund die Möglichkeit, sich auch bei den anderen Portfoliofirmen der VCs zu beteiligen, die das Matching in Anspruch nehmen. Wenn das so kommt, wäre das eine kluge Lösung.

Für den Matching-Fonds ist bisher noch kein Maximalbetrag pro Investment vorgesehen. Anders sieht es bei den Soforthilfen der Länder aus, die sind aktuell auf maximal 800.000 Euro gedeckelt. Würde es nicht Sinn machen, das Matching ebenfalls zu deckeln, damit die zwei Milliarden des Rettungsfonds nicht sofort wieder aufgebraucht werden?

Ich fände es auch sinnvoll, über eine Deckelung nachzudenken. Ein „First Come, First Serve“-Modus bis der Betrag X aufgebraucht ist, wäre hier nicht zielführend. Denn dann würden vor allem diejenigen profitieren, die am schnellsten sind, weil sie Ressourcen und Anwälte haben. Jeder, der die Kriterien erfüllt, sollte auch auf die Mittel zugreifen können.

Thomas Jarzombek zufolge ist es noch nicht klar, ob das Bundesfinanzministerium oder die KfW offen legen werden, wer die Hilfen in Anspruch genommen hat. Was hältst du davon?

Ich kann gut verstehen, dass manche Unternehmer und Investoren zögern, weil sie nicht öffentlich als Empfänger von Staatshilfen gelistet werden möchten. Aber man nimmt dieses Kapital nicht in Anspruch, weil man gescheitert ist. Im Gegenteil, man tut es, weil man an sein Unternehmen glaubt. Die Steuerzahler und wir als Parlamentarier sollten einen Einblick darin haben, welchen Firmen unter die Arme gegriffen wurde und mit wie viel Geld – so wie die KfW auch in anderen Angelegenheiten vor dem Parlament Rechenschaft ablegt. Irgendwann wird sich der Staat wieder von den Anteilen trennen müssen, auch über diese Exitstrategie muss öffentlich gesprochen werden.

Der Rettungsschirm ist Teil des bereits geplanten 10-Milliarden-Fonds für Startups. Wie kann aus den kurzfristigen Maßnahmen ein langfristiges Instrument werden, von dem du vorhin gesprochen hattest?

Ich plädiere dafür, dass der Staat auch in „normaleren Zeiten“ viel mehr für Startups in die Hand nimmt. Nicht etwa, weil er der bessere Unternehmer ist, sondern weil er Anreize setzen kann, um mehr privates Kapital zu mobilisieren. Ich könnte mir beispielsweise einen staatlichen Investmentfonds nach skandinavischem Vorbild vorstellen, der um private Mittel ergänzt wird. So ließe sich gezielt in Startups mit Zukunftsthemen wie Greentech, Künstliche Intelligenz oder der Gesundheitswirtschaft investieren. Es sollte aber nicht nur um die Suche nach dem richtigen Finanzinstrument gehen.

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Worum dann?

Viele Startups wünschen sich mindestens so sehr auch verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen. Beispiele sind die steuerliche Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen oder die Entwicklung von Wasserstoff-Technologien. Der Staat spielt grundsätzlich eine große Rolle beim Marktdesign. Wir brauchen auch einen digitalen Binnenmarkt, damit junge Firmen aus Deutschland oder Frankreich einfacher über nationale Grenzen hinweg skalieren können. Der Staat könnte auch hier durch eine kluge Regulierung etwas zum Laufen bringen.

Bild: Danyal Bayaz
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