2009 (links) zog Jochen Schweizer seine Millionenfirma hoch, heute (rechts) liebt er surfen, Yoga und seine Koi-Karpfen.
2009 (links) zog Jochen Schweizer seine Millionenfirma hoch, heute (rechts) liebt er Surfen, Yoga und seine Koi-Karpfen.

Das Jahr 2020 steht in den Startlöchern. Ein Startup-Jahrzehnt geht damit zu Ende. Wir lassen in unserem Neujahrsfragebogen noch einmal einige der spannendsten Persönlichkeiten der Gründerszene zu Wort kommen.

Was macht eigentlich Jochen Schweizer? Dieser Frage sind wir in diesem Jahr nachgegangen. Denn nach dem Abgang des Unternehmers aus der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ hatte die Startup-Welt nur noch selten von ihm gehört. Uns sagte Schweizer: Er investiere durchaus noch in Startups, halte dies aber lieber geheim. In den vergangenen zwei Jahren war sein Name des Öfteren im Zusammenhang mit Pleiten aufgetaucht, Schweizer war etwa an den insolventen Startups Foreverly und Lendstar beteiligt.  Ein weiteres Mal tauchte Schweizer 2019 auf unserem Radar auf: Der Münchner suchte per Fernsehshow einen neuen Geschäftsführer für eines seiner Unternehmen. „Der Traumjob  – by Jochen Schweizer“ fiel allerdings vor allem durch schlechte Quoten auf.

Auch wenn sich Schweizer inzwischen von der Startup-Bühne zurückgezogen hat: Für viele ist er aus der Gründerszene nicht mehr wegzudenken. Wir haben ihn daher gebeten, das nun endende Jahrzehnt Revue passieren zu lassen. 

Jochen, was hast du vor zehn Jahren gemacht?

Ich war mitten im Aufbau meines Erlebnisgeschenkeportals. Damals machte mein Unternehmen 35 Millionen Euro Umsatz. Es gelang mir dann aufgrund des immer besser werdenden Cashflows, nach und nach meine Investoren auszuzahlen, hundert Prozent aller Anteile an der Jochen Schweizer Erlebnisgeschenke GmbH zurück zu erwerben und diesen Unternehmensteil einige Jahre später zu einer neunstelligen Bewertung an die Prosiebensat.1-Gruppe zu veräußern.

Der Notartermin zum Exit war für mich ein echtes Erlebnis. Es war ein alter, erfahrener Notar, der zu mir sagte: „Herr Schweizer, ich habe ja schon einige Gründerexits beurkundet und davon nur ganz wenige zu Bewertungen von über 100 Millionen Euro. Aber ich habe in meiner gesamten beruflichen Laufbahn noch nie einen Exit beurkundet, bei dem der Originalgründer zum Zeitpunkt des Verkaufs 100 Prozent der Anteile am Unternehmen besaß. Da zolle ich Ihnen meinen Respekt.“ Das Besondere an diesem Exit ist für mich aber nicht die Bewertung, sondern die Tatsache, dass ich 90 Prozent der Markenrechte behalten konnte und unter der Marke heute weitere Unternehmen und Projekte betreibe.

Wie hättest du reagiert, wenn dir damals jemand gesagt hätte, was du heute tust?

Ich hätte nicht geglaubt, dass ich als Fallschirmspringer, Gleitschirmpilot und Bungeespringer das Wellenreiten als meinen Soul-Sport entdecken würde. Damals war Wellenreiten für mich noch kein Thema. Heute surfe ich mehrmals in der Woche morgens vor der Arbeit mit Freunden und Mitarbeitern und habe die größte Freude daran.

Welche Trends der vergangenen zehn Jahre hast du überbewertet?

Vor ungefähr zehn Jahren haben wir mit der damaligen Jochen Schweizer Agentur für Marketingkommunikation Luftwerbung in Fußballstadien umgesetzt. Ein von uns prognostizierter großer Trend war die Werbung und Botschaftsplatzierung über ferngesteuerte Luftschiffe, und wir haben für diesen Zweck den damals größten ferngesteuerten Zeppelin der Welt gebaut. Ungefähr zur gleichen Zeit hat die Digitalisierung in den Stadien Einzug gehalten und die elektronische Leuchtbandreklame wurde Standard – für viele unserer Kunden eine kostengünstigere Alternative. So sehr mir die Digitalisierung beim Aufbau meiner Geschenkeplattform geholfen hat, so hat sie mir für dieses Geschäftsmodell einen Strich durch die Rechnung gemacht.

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Technologie, Politik, Gesellschaft: Wie stellst du dir das nächste Jahrzehnt vor?

Es wird ein Jahrzehnt der Veränderungen sein. Wir stehen erst am Anfang der exponentiellen Weiterentwicklung der Digitalisierung, die uns vor große gesellschaftliche und politische Herausforderungen stellen wird. Diese gilt es zu meistern. 

Welche Wünsche hast du?

Ich wünsche mir, dass ich weiterhin frei und selbstbestimmt leben und handeln darf. Aber den gleichen Wunsch habe ich auch für alle anderen Menschen und insbesondere junge Gründer, die etwas bewegen wollen.

Was hast du dir für die kommenden zehn Jahre vorgenommen?

Die nächsten zehn Jahre werden aktive Jahre für mich sein, in denen ich meine unternehmerischen Projekte weiter vorantreiben werde. Dazu zählt unter anderem die Entwicklung meiner Lebensmittelmarke Inspirational Food und der Ausbau der Jochen Schweizer Arena zu einem Quartier mit Tagungszentrum, Hotel, Apartments und Büroflächen. Ich werde weitere Unternehmen unter der Marke Jochen Schweizer gründen und in Gründer und Projekte investieren, die zu unserer Marke passen.

Bilder: Jochen Schweizer