Shanghai ist ein Sehnsuchtsziel vieler, auch einiger deutscher Gründer.

Ein Gastbeitrag von Jelte Ansgar Wingender, er arbeitet für den Inkubator Innoway in Peking und leitet das China-Programm des Gründernetzwerks Startup Grind

China hat laut CB Insights in den vergangenen Jahren mehr als 90 Einhörner hervorgebracht, mehr schaffen nur die USA mit über 150 (siehe Grafik). Mit einer Bevölkerung von über 1,4 Milliarden Menschen bietet China damit einen riesigen Markt für Startups. Im Jahr 2018 flossen dort zudem 26 Prozent der weltweiten VC-Investments. Für 2019 wird erwartet, dass das Land die USA erstmals im absoluten VC-Investmentvolumen überholen wird.

Diese Zahlen sind jedem bekannt, der sich kurzfristig mit China beschäftigt. Wenn man jedoch im Land lebt und täglich mit den lokalen Ökosystemen konfrontiert wird, lernt man, dass sie häufig irreführend sind und nicht das ganze Bild zeigen. Deswegen haben wir im Folgenden die wahren Top-5-Gründe aufgelistet, warum ausländische Startups nach China gehen sollten:

  • Geschwindigkeit
    Viele Experten in Europa und den USA sprechen von sogenannter China Speed – was genau das in der Praxis bedeutet, wissen viele aber nicht. In den Startup-Hubs des Westens sind Gründer mit extrem hohen Anforderungen hinsichtlich Qualität und Funktionalität konfrontiert. Investoren und Kunden erwarten immer das Beste, was zu langen Entwicklungszeiten führt. In China reicht hingegen häufig ein „good enough“, um Investments und erste Kunden zu akquirieren. Die Qualität kommt meist mit dem Wachstum und der zunehmenden Konkurrenz. Nach dem Motto „try fast, fail fast, succeed fast“ sind schon viele, noch unausgereifte Ideen aus Deutschland zu investmentwürdigen Projekten auf dem chinesischen Markt geworden. Die Deutschen müssen sich nur trauen.
  • Markteintritt in Asien
    Häufig werden Hongkong oder Singapur als Eintrittspunkte für den chinesischen und gesamtasiatischen Markt empfohlen. Das ist leider eine falsche Annahme. Beide Städte geben nicht genug Raum für Wachstum und sind eher ein Standort für internationale Investments, nicht aber für eine China-Eintrittsstrategie. Wer Singapur oder Hongkong versteht, der versteht noch lange nicht China und wird Schwierigkeiten haben, in weitere asiatische Länder zu expandieren.Shanghai, Shenzhen und Peking hingegen sind Märkte, in denen es leicht ist zu wachsen, Investments zu bekommen und die chinesische Business-Mentalität kennenzulernen.

Dieser Artikel stammt aus dem neuen Gründerszene Report „Business in China“. Hier könnt ihr einen Blick hineinwerfen.

  • Testen von Konzepten
    Wer das Ziel hat, langfristig in die USA oder global zu expandieren, kann China als Testmarkt nutzen, um schnell einen Product Market Fit zu testen. Der chinesische Markt gibt wesentlich schneller nützliches Feedback für Startups als andere, traditionellere Märkte in Europa.
  • Offenheit für Innovation
    Tech-Startups finden in China äußerst freundliches Klima gegenüber Innovationen und Trends vor. Kaum ein anderes Land heißt neue Technologien so willkommen wie China. Stichwort Mobile Payment: China hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, das Bezahlen weitgehend zu digitalisieren: Statista prognostziert für das Jahr 2019 eine Penetrationsrate von 35 Prozent.
  • Internationalität
    Viele Startups erwarten, in China ein zu 100 Prozent chinesisches Startup-Ökosystem vorzufinden. In Wirklichkeit sind aber nur 95 bis 98 Prozent komplett lokal besetzt und ausgerichtet. Die restlichen zwei bis fünf Prozent sind extrem international, was Personal und Geschäft angeht. In Peking findet man etwa leicht Gründer aus Finnland, Pakistan, Israel, Japan, Brasilien oder Nigeria. Das internationale Potenzial ist massiv und gibt Unternehmen ein Netzwerk, das sie bei der globalen Expansion gut gebrauchen können. Der Zusammenhalt in Chinas internationaler Startup-Gemeinschaft ist umso stärker, weil hier jeder fremd ist.

China bietet für viele Startups die ideale Plattform, um zu expandieren und zu wachsen. Allerdings sollten die großen Erwartungen der Gründer nicht davon abhalten, ihre Hausaufgaben in Sachen Legal, Finance und Team zu machen. China ist eine Chance – aber auch eines der wettbewerbsstärksten Startup-Ökosysteme der Welt.

Gründerszene Report „Business in China“ (2019)

Profitieren vom Milliardenmarkt

Umfang: ca. 80 Seiten, PDF, 30 Infografiken, viele Fachbeiträge und Experten-Interviews, erste Auflage August 2019, Preis: 299 Euro

Bild: Getty Images / Jackal Pan