Volt Europa bezeichnet sich selbst als „paneuropäisch, pragmatisch und progressiv“.

Der Anfang klingt wie ein schlechter Witz: Ein Deutscher, ein Italiener und eine Französin treffen sich in New York, dann gewinnt Donald Trump die Wahl. Weiter geht es wie eine potenzielle Erfolgsstory: Politisiert durch die US-Präsidentschaftswahl gründen die drei Studierenden die paneuropäische Partei Volt Europa. Nach eigenen Angaben zählt diese mittlerweile 40.000 Unterstützer in 31 Ländern, 10.000 davon in Deutschland. Ob die Geschichte auch ein vorläufiges Happy End findet, das entscheidet sich diesen Sonntag bei der Europawahl. Da tritt Volt in insgesamt acht Ländern an.

„Wir wachsen gerade extrem, pro Tag haben wir teilweise hunderte Neuanmeldungen“, sagt Stefan Bornecke, Parteimitglied und Volt-Kandidat für die diesjährige Europawahl. Diese Zahl bezieht sich allerdings nicht nur auf neue Mitglieder, sondern schließt auch sogenannte Volunteers mit ein, die keinen Mitgliedschaftsbeitrag bezahlen. Bornecke ist 36, Jurist und seit vergangenem Jahr Mitglied bei Volt. Bei der Europawahl tritt er auf Listenplatz 19 an. Seine Chancen, damit tatsächlich ins Europaparlament einzuziehen, schätzt er selbst eher gering ein: „Ich glaube, aus Deutschland könnten es realistisch gesehen zwei oder drei Kandidaten ins Parlament schaffen.”

Die Partei bezeichnet sich selbst als „politisches Startup”. Doch was genau ist damit gemeint? Zum einen herrschten in der Organisation ähnliche Arbeitsprozesse und eine ähnliche Kultur wie in Startups, sagt Bornecke: „Wir haben sehr flache Hierarchien und jeder kann seine Ideen pitchen.” Das geschehe meistens online über das Tool Facebook Workspace, mit dem sich Volt organisiert.

Startup-Flair durch flache Hierarchien und Crowdfunding

„Wir stehen auch vor ähnlichen Problemen wie Startups – Finanzierungsprobleme zum Beispiel oder die Frage, was die richtige Rechtsform für uns ist.“ Volt finanziert sich teilweise über Crowdfunding. Weitere Einnahmen kommen wie bei großen Parteien aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.

Doch die Partei will nicht nur wie ein Startup sein, sondern sich auch für die Szene einsetzen. Sie fordert bessere, europaweit vereinheitlichte Rahmenbedingungen für Startups. Konkret heißt das etwa: Bürokratieabbau bei Unternehmensgründungen und eine europäische Jobvermittlungsplattform mit Fokus auf IT und Fachkräfte.

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In den vergangenen Wochen allerdings hat Volt in Deutschland nicht unbedingt als Startup-Partei auf sich aufmerksam gemacht, sondern vor allem durch ihre Beschwerde über den Wahl-o-mat. Unentschlossene können mit dem Onlineangebot der Bundeszentrale für politische Bildung ihre politischen Positionen mit denen der Parteien abgleichen. Aufgelistet sind alle Parteien, die Nutzer müssen sich vor der Anzeige des Ergebnisses allerdings für acht entscheiden, die dargestellt werden sollen. Volt findet diese Auswahl „willkürlich” und sieht kleine Parteien – wie sich selbst – dadurch benachteiligt.

Deshalb beschwerte sich die Neupartei bei der Bundeszentrale. Als diese sich unwillig zeigte, die Auswahlgrenze zu verändern, ging Volt vors Verwaltungsgericht Köln. Dieses gab der Partei per Eilbeschluss recht.

Volt sieht sich vom Wahl-o-mat benachteiligt

Konsequenz: Die Bundeszentrale deaktivierte den Wahl-o-mat Anfang der Woche. Nach einer Einigung mit Volt ist das Tool seit dem Donnerstagabend aber wieder online, zunächst in unveränderter Form. Die Bundeszentrale hat sich aber dazu bereit erklärt, die Auswahlgrenze zur nächsten Wahl aufzuheben.

Die Auseinandersetzung um den Wahl-o-mat hat der Volt-Partei viel Aufmerksamkeit beschert. Alles in allem also eine sehr gelungene Publicity-Maßnahme? „Natürlich haben wir dadurch jetzt mehr Aufmerksamkeit“, sagt Bornecke. Diese sei allerdings auch ambivalent. Viele Menschen seien irritiert gewesen, als der Wahl-o-mat offline ging.

Das sei aber nie das Ziel der Initiative gewesen, beteuert Bornecke. Eigentlich waren die Volt-Mitglieder davon ausgegangen, dass die Bundeszentrale die Auswahlbeschränkung einfach aufhebe anstatt gleich die ganze Seite abzuschalten. Denn die Nutzer des Wahl-o-mats – eher jung, digitalaffin und proeuopäisch – entsprächen ja eigentlich genau der Zielgruppe von Volt. Sie haben nun noch bis zum Wahlsonntag Zeit, online zu überprüfen, ob das stimmt.

Bild: Volt