Die Frage ist nicht ob, sondern wann: Roboter werden unsere Schüler unterrichten.

Ich muss meiner Kollegin leider widersprechen: Natürlich werden smarte Technologien lehrende Personen ablösen. Vielleicht nicht in den nächsten zehn Jahren, aber in nicht allzu ferner Zukunft wird es so weit sein. Es wird autonome Autos geben, wir werden lieber in der virtuellen als der echten Realität Zeit verbringen und von Künstlicher Intelligenz anstelle von Lehrern unterrichtet werden.

Denn wenn es um das Lernen und die Wiedergabe von Dingen geht, ist niemand besser geeignet als eine Maschine. Sie lernt Schach oder beliebte Computerspiele und nutzt ihr Wissen aus Millionen analysierter Spiele, um Profis zu schlagen. Sie sortiert Kundenanfragen vor und erleichtert dem Kundenservice aus Fleisch und Blut die Arbeit. Sie ist kein Allheilmittel, aber schon heute in vielen repetitiven Aufgabenbereichen dem Menschen überlegen.

KI ist weniger voreingenommen als Lehrer

Genauso wird es auch im lehrenden Bereich sein. KI wird gute vorhandene Lehrmethoden und Lehrer analysieren und das gesammelte Wissen auf ihre Schüler anwenden können. Per Text, per Sprachnachricht oder der gesamten Simulation eines Menschen, wenn gewünscht – einen ersten Test mit einem humanoiden Roboter startete die chinesische Jiujiang Universität vor vier Jahren.

Und das hat mehrere Vorteile: Zum einen haben alle Schüler die gleichen Voraussetzungen für Bildung, weil alle von der gleichen Maschine unterrichtet werden und diese alle Schüler gleich behandelt. Bei menschlichen Lehrern ist das nicht so, wie Experimente zeigen: Schüler, die Lehrer schon vorab für weniger intelligent hielten, wurden von diesen schlechter bewertet als angeblich schlaue Schüler. Zum anderen kann eine Maschine aktuelle Informationen zu einem Themengebiet direkt in den Unterricht einbringen. Und sich anpassen, sollte eine Lehrmethode am nächsten Tag überholt sein.

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Auch muss der Unterricht an eine neue Zeit angepasst werden: Warum lernen wir aus gedruckten Büchern, wenn das Weltwissen auf dem Tablet oder einer smarten Datenbrille direkt verfügbar ist? Angereichert mit aktuellen Informationen, interaktiven Grafiken oder Videos? Warum schreiben wir auf Zetteln, wenn wir Nachrichten sonst bei Whatsapp verschicken? Warum setzen wir nicht auf vernetztes Arbeiten, auch in Schulen?

Wir brauchen ein digitales Schulsystem

Meine Kollegin meint, um all das zu realisieren, müssten Klassenräume mit Sensoren wie Kameras übersät werden. Das wolle ja niemand. Aber wer sagt, dass der Klassenraum der Zukunft immer noch ein realer Raum ist – der Unterricht könnte auch in der virtuellen Realität mit VR-Brille stattfinden, auch dort lassen sich soziale Beziehungen aufbauen. Und wie wird dieser Unterricht aussehen? Wird es weiterhin die Lehrerin oder den Lehrer geben, der mit Stock in der Hand an der Tafel entlang stolziert und einen Monolog hält?

Das sind längst veraltete Konstrukte, wir müssen neue Technologien nicht auf alte Konzepte stülpen, sondern Dinge grundsätzlich – auch den Unterricht – mit neuen Technologien komplett neu denken. Ich würde mich freuen, wenn meine Kinder in Zukunft nicht teils unnützes Wissen auswendig lernen müssten, sondern tatsächlich etwas Sinnvolles lernen, das sie für ihr weiteres Leben nutzen können. Zugeschnitten auf ihre Fähigkeiten, Bedürfnisse und den realen Arbeitsmarkt – das können Unterricht und Lehrer heute kaum leisten.

Was Startups in Sachen KI besonders beachten müssen, welche Rolle Sprachtechnologien spielen und wie man die Qualität der Daten sicherstellen kann – mehr dazu gibt’s in unserem KI-Report:

Was mit den gesammelten Daten passiert, ist eine andere Frage, die natürlich gestellt werden muss. Doch auch heute sind Schüler gläsern. Sie teilen ihr Leben bei Instagram oder anderen sozialen Diensten, auch während der Schulzeit. Die Frage nach der Zukunft des Datenschutzes stellt sich also grundsätzlich, nicht nur im Klassenzimmer. Denn es wird immer mehr Dienste und Sensoren geben, die uns aufzeichnen. Die Kamera im autonomen Auto etwa, oder in der Drohne, die künftig unser Amazon-Paket ausliefert.

Auch Roboter lösen Emotionen aus

Die letzte These meiner Kollegin: Kinder würden sich Robotern nicht anvertrauen, wenn sie zu Hause Stress haben oder sich gemobbt fühlen. Zum einen: Menschen können schon heute Gefühle zu Robotern aufbauen, ich erinnere an dieses Video von Boston Dynamics, bei dem ein Roboter geschubst wird und die Zuschauer Empathie für das „arme, wehrlose Geschöpf“ empfinden. Oder Auseinandersetzungen mit digitalen Assistenten wie Siri oder Alexa, die sich zuweilen sehr echt anfühlen. Mit einem humanoiden Roboter zu interagieren ist da nur der nächste Schritt.

Zum anderen spricht natürlich nichts dagegen, weiterhin Pädagogen für die Lehre zu beschäftigen. Im Gegenteil: Wenn der lehrende Part von einer Maschine übernommen wird, dann gibt es theoretisch mehr Ressourcen für Personal mit einer sozialen Ausbildung. Wobei eine Maschine natürlich auch das irgendwann lernen wird. Sie wird beobachten, wie Menschen miteinander interagieren, sie wird erfolgreiche Lösungswege identifizieren – und sie wird sie anwenden.

Bild: Getty Images / Fox Photos