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Der CEO von Teamviewer: Oliver Steil

War in den vergangenen Monaten von den „Gewinnern der Corona-Krise“ die Rede – von Unternehmen also, die während der Pandemie ihren Umsatz signifikant steigern konnten – fiel ein Name besonders häufig: Teamviewer. Tatsächlich bescherten die globalen Ausgangsbeschränkungen der Tech-Firma aus dem baden-württembergischen Göppingen ein Nachfragehoch: Das Auftragsvolumen vergrößerte sich in den ersten Monaten des Jahres um stolze 75 Prozent.

Eigentlich gute Nachrichten für Teamviewer-Chef Oliver Steil. Doch der reagiert zurückhaltend: „Natürlich freuen wir uns, wenn die Nachfrage steigt,“ sagt er gegenüber Gründerszene. „Aber für die langfristige Einschätzung unseres Potenzials am Kapitalmarkt sind solche extremen Schwankungen nicht hilfreich.“ 

Aktionäre erhofften sich noch mehr vom zweiten Quartal

Tatsächlich hat sich die Umsatzexplosion aus den ersten drei Monaten mittlerweile wieder etwas abgeschwächt. Das Wachstum im zweiten Quartal lag zwar immer noch bei 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr, doch manche Anleger hatten sich anscheinend mehr erwartet. Als die Halbjahreszahlen in dieser Woche bekannt gegeben wurden, sank der Aktienkurs zwischenzeitlich um mehr als zehn Prozent.

Die Software von Teamviewer vernetzt Computer aller Art – etwa zur Fernwartung und Fernsteuerung von Maschinen oder für Online-Konferenzen. Die Technologie dahinter entstand eher durch Zufall. Der Gründer Tilo Rossmanith hatte eigentlich nach einer Lösung gesucht, damit die Mitarbeiter seiner Softwarefirma nicht mehr so weit für Kundentermine reisen mussten. Deshalb ließ er 2005 eine entsprechende Software für Präsentationen über das Internet entwickeln, daraus entstand das Produkt von Teamviewer. 2009 verkaufte Rossmanith seine Firma an das luxemburgische Unternehmen GFI Software, das es 2014 schließlich an die Unternehmensholding Permira weiterverkaufte.

Seit September 2019 ist Teamviewer an der Börse gelistet. Das habe das Ansehen der Firma noch gesteigert, sagt CEO Oliver Steil – auch bei Arbeitnehmern: „Seit dem Börsengang ist die Anzahl der Bewerbungen deutlich gestiegen.“ Internationale Talente nach Göppingen zu bringen, sei kein Problem, sagt er. „Wenn wir versuchen würden, Leute aus dem Silicon Valley abzuwerben, wäre das vielleicht komplizierter.“ Aber es gebe auch sehr gute Talente aus Europa oder Asien.

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Bei Teamviewer gälten außerdem flache Hierarchien: „Deshalb brauchen wir nicht viele Manager, die 20 bis 30 Jahre in London, Paris oder New York gearbeitet haben.“ Stattdessen sei man auf der Suche nach jungen, engagierten Leuten für Entwicklung und Vertrieb. 70 verschiedenen Nationalitäten arbeiteten aktuell bei dem Konzern, so Steil, alle „wesentlichen“ Meetings fänden komplett auf Englisch statt. 

„Wir sind ein globaler Konzern“

Die Pressekonferenz zu den Halbjahreszahlen halten er und sein Co-Vorstand Stefan Gaiser dennoch auf Deutsch. Ein ausländischer Journalist kann zwar eine Frage auf Englisch stellen, bekommt die Antwort der Geschäftsführer aber auf Deutsch. Man kann das als Anzeichen sehen, dass Teamviewer noch nicht ganz auf dem internationalen Parkett angekommen ist. Oliver Steil sieht das anders: „Wir sind ein globaler Konzern.“ Den Zahlen nach ist er das auch: Die USA sind der größte Absatzmarkt für Teamviewer, erst danach folgt der Heimatmarkt Deutschland. Mittlerweile betreibt die Firma Büros in neun Ländern mit insgesamt rund 1100 Beschäftigten. 

Steil ist selbst vor zwei Jahren für den Posten als Teamviewer-CEO in die Stuttgarter Region gezogen. Zuvor lebte er mit seiner Frau und seinen drei Kindern in London und der Schweiz. Er freue sich, wieder in Deutschland zu wohnen, sagt er. „Das fühlt sich einfach wie zu Hause an.“

41 Millionen für den Teamviewer-CEO

Der 48-Jährige war zuvor Partner bei der Unternehmensholding Permira, dem Mehrheitsgesellschafter von Teamviewer. Für ihn hat sich der Seitenwechsel auch finanziell ausgezahlt: Laut Geschäftsbericht wurde der CEO im Jahr 2019 mit insgesamt 41,3 Millionen Euro vergütet. Das dürfte ihn zum bestbezahlten Manager im Dax und Mdax machen – Teamviewer ist im Mdax gelistet. 

Die Summe umfasst nicht nur den klassischen Lohn, sondern auch eine Gewinnbeteiligung. Steil hatte bei seinem Wechsel zu Teamviewer außerdem seine Anteile am Permira-Fonds aufgegeben und sich stattdessen an Teamviewer beteiligt. Ein unternehmerisches Risiko, das aufgegangen ist.

Der Teamviewer-Chef hat die Umstellung vom Lizenz- auf ein Abomodell und den Börsengang vorangetrieben und den Konzern durch die Corona-Krise gelenkt. Was steht als nächstes an?

Die erste Übernahme für Teamviewer – weitere sollen folgen 

Derzeit befindet sich das Unternehmen auf Expansionskurs. Vor kurzem hat Steil für Teamviewer den ersten Zukauf abgeschlossen: Die Firma hat für insgesamt 136,5 Millionen Euro Ubimax übernommen, ein Bremer Augmented-Reality-Startup.

Die Vorbereitungen dafür hätten mitten in der Corona-Zeit begonnen, sagt Steil dazu gegenüber Gründerszene. Erst im Mai hatte Fielmann eine zehnprozentige Beteiligung an Ubimax bekanntgegeben. Seine Anteile hat der Brillenhersteller nun schon wieder an Teamviewer abgegeben – mit einem Plus von etwa 5,6 Millionen Euro, wie das Handelsblatt berichtete.

Die Übernahme ist die bislang erste für Teamviewer. Vorher seien immer andere Themen auf dem Tisch gewesen, sagt der CEO. Erst habe der Schwerpunkt auf organischem Wachstum gelegen, dann kam 2019 der Börsengang. „Jetzt war die richtige Zeit für ein solches Projekt.“

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Wenn es nach Steil geht, soll der Ubimax-Kauf nicht der letzte gewesen sein. Man schaue sich weiterhin aktiv nach möglichen Zukäufen um, sagt er. Es gehe ihm dabei aber nicht darum, Wettbewerber zu übernehmen. „Themen, die unserem Kerngeschäft sehr nahe liegen, können wir recht einfach auch selbst umsetzen“, so der Geschäftsführer. Stattdessen suche man nach komplementären Technologien, etwa in den Bereichen Digitalisierung, Internet of Things, Datenanalyse oder Automatisierung.

Kein Vergleich mit Slack & Co. 

Das Thema Video-Kollaboration soll dabei nicht im Vordergrund stehen. Teamviewer hat zwar ein eigenes Videokonferenz-Tool, ähnlich wie die von Anbietern wie Slack oder Microsoft Teams. Bizz heißt es. Doch der Markt ist überlaufen, das sagt auch Oliver Steil. „Neue Investitionen fließen bei uns in Digitalisierungs-Technologien im breiteren Sinne.“

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Von den amerikanischen Anbietern scheint sich der Geschäftsführer bewusst abgrenzen zu wollen. Sie seien kein Vorbild für ihn, sagt er: „Wenn man sich unsere Wachstumsraten und unsere technologische Kompetenz ansieht, dann ist das sehr einzigartig.“ Einen Vergleich mit Firmen wie Slack brauche es daher nicht.

Teamviewer machte im vergangenen Jahr 390 Millionen Euro Umsatz, der von Slack lag bei umgerechnet etwa 338 Millionen. Den Vergleich muss die Göppinger Firma also sicher nicht scheuen.

Bild: Teamviewer
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