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Domainpfändung erscheint auf der Rechts-Agenda

Besonders im Social-Media- und Onlinerecht gab es einige wichtige Entwicklungen, aber auch im Gesellschaftsrecht hat sich einiges getan. Dieser Beitrag soll einen kurzen Rückblick auf ausgewählte rechtliche Entwicklungen im Jahr 2011 bieten, wobei hier der Fokus auf dem für Gründer wichtigen Online- und Gesellschaftsrecht liegt.

Anfang 2011 kam überraschend das Thema „Domainpfändung“ auf die Agenda und hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Hintergrund war eine Abmahnung und die darauf folgende Pfändung der Domain nerdcore.de. Die Diskussion rund um den Vorgang an sich hat auch dafür gesorgt, dass das Thema aus rechtlicher Sicht näher in den Vordergrund gerückt ist. Domainpfändung war bei vielen eine bis dahin unbekannte Möglichkeit, eine Forderung durchzusetzen. Und auch wenn bei einer derartigen Prüfung einige Probleme und Fragen auftauchen können, hat das Thema gezeigt, wie schnell eine Domain – das Herzstück vieler Startups – gepfändet werden kann, wenn man offenen Forderungen nicht ausreichend Beachtung schenkt.

Dauerthema: Der „Like-Button“

Social-Media-Marketing ist für die meisten Startups ein wichtige Säule im Unternehmenskonzept. Nicht zuletzt deswegen haben rechtliche und technische Entwicklungen in diesen Bereich besondere Aufmerksamkeit verdient. Bereits im April 2011 erfolgten die ersten Gerichtsentscheidungen zum Thema „Like-Button“ in Deutschland. Es ging um die Frage, ob ein Unternehmen von einem Konkurrenten wegen Nutzung des „Like-Buttons“ abgemahnt werden konnte, ohne die erforderliche Aufklärung der Seitenbesucher in einer Datenschutzerklärung bereit zu halten.

Die Richter des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts als zweiter Instanz haben argumentiert, dass durch Nutzung des „Like-Buttons“ die Wettbewerber dadurch nicht in ihren Rechten verletzt werden und sich auch nicht auf Verletzung von Verbraucherrechten berufen können, sofern diese bei Facebook eingeloggt sind, während diese die Seite aufsuchen (auf nicht eingeloggte Facebook-Mitglieder und Nichtmitglieder ist das Gericht leider nicht eingegangen). Zwar wurde das Recht zur Abmahnung durch die Entscheidung abgelehnt, aber die Angelegenheit hat dazu geführt, dass sich Seitenbetreiber auch über die datenschutzrechtlich relevanten Inhalte der Seite bewusst(er) geworden sind und die rechtlichen Risiken bei der Einbindung von Social-Plugins ernster genommen wurden.

Noch mehr Aufmerksamkeit bekam das Thema Facebook und Datenschutz im August, als der Datenschutzbeauftragte für das Bundesland Schleswig-Holstein ankündigte, gegen Seitenbetreiber, die den „Like-Button“ einsetzen, und – das war neu – gegen Betreiber von Facebook-Fanpages mit kostenpflichtigen Abmahnungen vorzugehen. Mittlerweile hat das ULD selbst eingeräumt, dass seine Pauken-und-Trompeten-Kampagne aus eigener Sicht enttäuschend gewesen sei.

Wegfall der für eine UG geltenden Sondervorschriften durch Beschlussfassung zur Kapitalerhöhung

Diverse gerichtliche Entscheidungen aus diesem Jahr haben für Unternehmensgründer weitere Klarstellungen im GmbH-Recht gebracht. Auf zwei besonders relevante Problembereiche in der Gründungs- und Aufbauphase einer GmbH weist Dr. Maximilian Murawo, Rechtsanwalt in Berlin bei der Kanzlei Wegner Ullrich Müller-Helle, hin.

Für Gründer, die ihre GmbH zunächst mit wenig Eigenkapital ausstatten und die Rechtsform einer Unternehmergesellschaft wählen, sind wesentliche Voraussetzungen für den Übergang zu einer „normalen“ GmbH als geklärt anzusehen. Für die Eintragung einer Stammkapitalerhöhung auf die dann mindestens erforderlichen 25.000 Euro genügt es, wenn das erhöhte Stammkapital zur Hälfte eingezahlt worden ist.

Das bei der Unternehmergesellschaft geltende Volleinzahlungsgebot findet dann keine Anwendung mehr (OLG München, Beschluss vom 7. November 2011, 31Wx 475/11; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Oktober 2011, Az. 8 W 341/11; OLG Hamm, Beschluss vom 5. Mai 2011, Az. 27 W 24/11).Ähnliches gilt im Falle einer Sachkapitalerhöhung: Wird mit der Sachkapitalerhöhung das Stammkapital auf mindestens 25.000 Euro erhöht, findet das für die Unternehmergesellschaft geltende Sacheinlagenverbot keine Anwendung (BGH, Beschluss vom 19. April 2011, Az. II ZB 25/10).

Zum Zweiten weist Rechtsanwalt Murawo darauf hin, dass Gründer, die bereits vor Anmeldung der GmbH zum Handelsregister bestimmte Investitionen geplant haben, darauf achten sollten, dass die von ihnen geschuldete Mindesteinlage zunächst auf ein Konto der GmbH eingezahlt wird. Denn bei einer Direktzahlung an Gläubiger der GmbH besteht das Risiko, dass die geleistete Zahlung nicht zur Tilgung der Einlageschuld führt, weil die Mindesteinlageleistung sich zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht „zur freien Verfügung der Geschäftsführung befindet“ (§ 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Spätestens bei Insolvenz der GmbH wird sich dann das Risiko realisieren und die Gründer müssen noch einmal zahlen.

Wird die Einlage dagegen zunächst auf das Konto der GmbH eingezahlt, sind zuvor getroffene Verwendungsabsprachen unschädlich, soweit die Einlage nicht dadurch unmittelbar oder mittelbar an einen der Gesellschafter zurückfließt. Die Geschäftsführer können die eingezahlten Beträge also an „Dritte“ weiterleiten, ohne dass dies die Wirksamkeit der Einlageleistung berührt (zur Ablösung eines Darlehens: BGH, Urteil vom 12. April 2011, Az. II ZR 17/10).

Drittes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes verabschiedet

Rouven Siegemund, Rechtsanwalt in Köln bei der Kanzlei Osborne Clarke, weist darauf hin, dass durch eine Änderung des Umwandlungsgesetzes in 2011 Verschmelzungen im Konzern vereinfacht sind. Durch die Änderung des Umwandlungsgesetzes hat sich der Gesetzgeber entgegen dem Referentenentwurf doch damit begnügt – wie in der EU-Richtlinie vorgesehen –, die Berichtspflicht der Vertretungsorgane über wesentliche Vermögensveränderungen zwischen dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags beziehungsweise der Aufstellung seines Entwurfs und der Beschlussfassung der Anteilsinhaber nur auf Aktiengesellschaften anzuwenden.

Im Zusammenhang mit dem Squeeze-Out ist neu, dass der Ausschluss der Minderheitsaktionäre erst wirksam wird, wenn die Verschmelzung tatsächlich vollzogen wird. Hier waren in den vergangenen Monaten Umgehungsrisiken gesehen worden.

Was die Startupwelt 2012 erwartet

Im November 2010 wurde eine Aktienrechtsnovelle für 2011 vorgestellt. Um dieses Vorhaben ist es aber dann ruhig geworden und nun wird angenommen, dass die Aktienrechtsnovelle „2011“ erst im Herbst 2012 wieder ein Thema sein wird. Geplant war unter anderen, die Finanzierung der Aktiengesellschaft zu flexibilisieren.

Rechtsanwalt Siegemund weist zudem auf die verabschiedete Reform des Insolvenzrechts hin. Ende Oktober hat der Bundestag dazu das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) verabschiedet, und der Bundesrat hat das Gesetz in seiner Sitzung vom 25. November 2011 passieren lassen (BR-Drucks. 679/11 [Beschluss] v. 25. November 2011). Das ESUG wird in seinen wesentlichen Teilen am 1. März 2012 in Kraft treten.

Inhaltlich sind vor allem die Erweiterung des vorinsolvenzlichen Planverfahrens, der echte Debt-Equity-Swap und der Ausbau der Mitspracherechte der Gläubiger bei der Wahl des Insolvenzverwalters von Bedeutung. Damit, so Rechtsanwalt Siegemund, soll die Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen erleichtert und damit der Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglicht werden. Ferner wird daran festgehalten, dass die Befriedigung der Gläubiger weiter das eigentliche Anliegen des Insolvenzverfahrens bleibt.

Für das Onlinerecht im Allgemeinen und Social-Media-Recht im Besonderen werden die Entwicklungen in 2012 vor allem durch gerichtliche Auseinandersetzungen geprägt sein. Hier wird insbesondere durch weiteren Druck der Datenschutzverbände auf die Nutzer von Social-Plugins und Facebook-Pages viel Bewegung zu erwarten sein.

Bild: berlin-pics  / pixelio.de