Speedtest in Berlin: Auf dem Smartphone ist die Notwendigkeit von 5G derzeit noch nicht ganz ersichtlich.

Wer im Berliner Zentrum wohnt, muss schon weit fahren, um das neue 5G-Mobilfunknetz von Vodafone zu testen. Fast 35 Minuten braucht die S-Bahn vom Ku’damm bis nach Adlershof im Südosten der Hauptstadt. Als wollte der Mobilfunker seine erste 5G-Antenne am Stadtrand verstecken. Was natürlich nicht gelingt, weil sie hoch in den Himmel ragt und schon vom S-Bahnhof zu sehen ist.

Adlershof, der Ortsteil im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick, nennt sich selbst „der klügste Kiez Berlins“. Die Stadt hat dort einen Wissenschafts- und Technologiepark angelegt, mehr als 1.000 Unternehmen haben sich hier niedergelassen. Jenseits der Bahntrasse gibt es auch ein Wohngebiet. „Für uns war es wichtig, hier eine Mischung zu haben, weil wir derzeit noch lernen wollen, wie unterschiedliche Nutzer unser neues Netz beanspruchen“, sagt Gerhard Mack, Technikchef bei Vodafone.

In Deutschland ist Vodafone der Pionier für die neue und damit fünfte Technologiegeneration des Mobilfunks 5G. Zwar haben auch Deutsche Telekom, Telefónica und die United-Internet-Tochter 1&1 Drillisch Frequenzen dafür erworben. Doch das Spektrum ist noch nicht zugeteilt. Vodafone legt schon einmal los, weil der Anbieter bereits über einige der dafür notwendigen Frequenzen aus der Vergangenheit verfügt.

WELT konnte das Netz als erster Nutzer in Berlin testen. Wir haben dafür ein Huawei-Smartphone mit der Bezeichnung Mate 20 X 5G genutzt, das Vodafone als eines von zwei Geräten seinen Kunden anbietet. Das zweite Gerät ist ein Samsung S10 5G. Der offensichtliche Unterschied ist die Größe des Displays. Das Huawei-Modell hat eine Display-Größe von 7,2 Zoll, was einige Menschen wohl eher ein kleines Tablet nennen würden. Das Samsung-Gerät kommt immerhin noch auf 6,7 Zoll.

5G verbraucht mehr Strom

Die Größe hat ihren Grund. Die Geräte werden während der Nutzung etwas warm. Ein größeres Gehäuse kann mehr Hitze ableiten. Außerdem müssen zusätzliche Antennen untergebracht werden. Und nicht zuletzt verbraucht ein 5G-Smartphone mehr Strom als ein LTE-Gerät für die vierte Mobilfunkgeneration 4G. Mehr Platz für die Batterie ist also hilfreich.

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Das ändert sich mit den kommenden Prozessorgenerationen. Ähnliche Beobachtungen gab es bei der Einführung von 3G und 4G. Bei unserem ersten 3G-Test in Italien wurden die damals verfügbaren Klapphandys während eines Videotelefonats so heiß, dass man sie nicht mehr in der Hand halten konnte.

Das passierte im Test mit unserem 5G-Smartphone nicht. Aber was kann ein solches Gerät, was ein LTE-Smartphone nicht kann? Eigentlich nichts, außer schneller Daten übertragen. Vodafone gibt an, dass Nutzer derzeit auf 400 bis 500 Megabit pro Sekunde kommen. Das ist zwar noch nicht das Gigabit, von dem in Verbindung mit 5G immer gesprochen wird, aber immerhin schon die Hälfte davon.

Unser erster Geschwindigkeitstest beginnt in einem McDonald’s-Restaurant. Zwischen uns und der Antenne in Adlershof, die vielleicht 500 Meter entfernt ist, befindet sich eine Fensterscheibe. Der Speedtest auf dem Smartphone schlägt bis etwa 280 Megabit aus, ein Test mit einem 4G-Smartphone schafft nur 40 Megabit. Vor der Tür sind es mit dem 5G-Gerät dann schon etwas mehr als 400 Megabit.

Smartphone schneller als Breitband-Anschlüsse

Wir laufen um die Antenne herum und nähern uns von der anderen Seite. Mehr als 1.000 Meter sollte man sich nicht entfernen, denn so weit reicht sie nicht. Wir halten auf einem Parkplatz, der uns eine freie Sicht auf die Antenne in knapp 300 Meter Entfernung erlaubt. Dieses Mal kommt unser Geschwindigkeitstest sogar auf 840 Megabit im Download und fast 36 Megabit im Upload.

Damit ist das Smartphone schneller als fast alle Breitband-Internet-Anschlüsse in Deutschland. Es kommt fast an das Gigabit pro Sekunde heran, das auch Vodafone erreichen will, wenn das ersteigerte Spektrum zur Nutzung freigegeben ist. Dass wir eine so hohe Geschwindigkeit in unserem Test erreichen, dürfte auch daran liegen, dass wir als erster Nutzer in Berlin auch der einzige waren, der in dieser Mobilfunkzelle eingebucht war. Befinden sich mehrere Nutzer in einer Zelle, geht die Geschwindigkeit üblicherweise herunter.

Vodafone hat nach eigenen Angaben „einige Tausend Nutzer“ in den 5G-Tarifen, die seit etwa vier Wochen angeboten werden. Wer 5G nutzen will und bereits einen Red-Vertrag bei Vodafone hat, kann diese Option für fünf Euro pro Monat hinzubuchen und jederzeit wieder kündigen.

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Das Risiko hält sich also in Grenzen. Die 5G-Smartphones von Huawei und Samsung kosten zwar derzeit noch mehr als 1.000 Euro. Doch mit einem 24-Monats-Vertrag wird ein Großteil des Preises auf die monatlichen Raten umgelegt. Das Samsung-Smartphone im 80-Euro-Red-XL-Tarif gibt es für einen Euro.

Wozu braucht man 5G als Privatnutzer?

Aber wozu braucht man 5G als Privatnutzer? Im Grunde nur für größere Downloads. Daher werden die Mobilfunker 5G auch mit einem Router vermarkten, der – vor allem in ländlichen Regionen – als Festnetz-Ersatz für einen Breitband-Internetanschluss herhalten kann. Auf dem Smartphone fehlt derzeit noch die Fantasie für eine Notwendigkeit. Ein Videostream kommt mit wenigen Megabit pro Sekunde aus, um sich in bester HD-Qualität zu zeigen. Videotelefonate brauchen auch nicht mehr Bandbreite. Und größere Apps lassen sich auch mit LTE in wenigen Sekunden herunterladen.

„Zu Beginn ist 5G vor allem bei Technikfans und denjenigen beliebt, die vorne mit dabei sein wollen“, sagt Vodafone-Technikchef Mack. „Das Interesse, zum ersten Mal im 5G-Netz zu surfen, ist schon jetzt vorhanden.“ Allerdings ist die Bezeichnung Netz eher geschmeichelt. Derzeit gibt es im Vodafone-Netz lediglich einige 5G-Hotspots. Nach Adlershof sollen in den kommenden Tagen zwei weitere Stationen in Berlin live gehen, wenn auch in Randlage in Spandau und Bernau.

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Deutschlandweit gibt es damit derzeit 40 5G-Stationen im Netz von Vodafone, darunter in Duisburg, Wolfsburg Solingen, Neukirchen im Erzgebirge, Frankfurt, Bremen, Chemnitz, Hamburg und Celle. Den Plänen des Konzerns zufolge sollen es dann Ende August 50 Stationen sein. Bis Ende 2020 will Vodafone zehn Millionen Menschen mit 5G erreichen, und Ende 2021 sollen es 20 Millionen Menschen sein. Die Deutsche Telekom startet ihre ersten 5G-Hotspots nach eigenen Angaben im vierten Quartal.

Derzeit ist 5G somit nur etwas für Nutzer, die gern experimentieren. Wer noch etwas mehr Geduld hat, wird auf eine größere Auswahl von – auch günstigeren – Smartphones zugreifen und sie vor allem an mehreren Orten in Deutschland mit der höheren Geschwindigkeit auch nutzen können.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Vodafone