Apple-Chef Tim Cook bei der Vorstellung des iPhone 11 im September 2019

Ein Jahr lang hagelte es schlechte Nachrichten. Vom Niedergang des iPhones war die Rede. Die Umsätze sanken und sanken. Apple, so schien es, konnte sich nicht mehr auf sein wichtigstes Produkt verlassen. Aber nun schafft das Unternehmen aus Cupertino, Kalifornien, offenbar die Wende: Das vergangene Weihnachtsgeschäft brachte Rekordzahlen.

Chef Tim Cook schwärmte während der Präsentation der Zahlen am Dienstag von einem „Blockbuster-Quartal“. Alle bedeutenden Bereiche wuchsen: das Geschäft mit tragbaren Geräten wie der Computer-Uhr Apple Watch und den AirPods-Ohrhörern, die Online-Dienste, zu denen das neue Streaming-Angebot Apple TV+ gehört, und eben auch das Herzstück des Konzerns – das iPhone.

Zwischen Oktober und Dezember stieg Apples Umsatz im Jahresvergleich um neun Prozent auf 91,8 Milliarden Dollar. Der Gewinn erreichte 22,2 Milliarden Dollar, nach knapp 20 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Für das laufende Vierteljahr rechnet Apple mit einem Umsatz zwischen 63 und 67 Milliarden Dollar. Es sind Zahlen, die die Erwartungen der Analysten übertrafen. Kaum einer hatte Apple so ein gutes Quartal zugetraut. Die Aktie schnellte in einer ersten Reaktion im nachbörslichen Handel um drei Prozent nach oben.

Der iPhone-Umsatz steigt deutlich

Die Umsätze, die Apple mit dem iPhone erzielt, wuchsen deutlich: um 7,6 Prozent auf knapp 56 Milliarden Dollar. Schuld an den Rückgängen in den vergangenen Quartalen war Experten zufolge der hohe Preis der iPhones. Sie wurden immer teurer – vielen Menschen wohl zu teuer. Mit dem iPhone 11 ging Apple nun den umgekehrten Weg. Der Konzern bot es für 50 Dollar weniger als den Vorgänger an. Eine Kleinigkeit, könnte man meinen, aber sie hatte offenbar eine große psychologische Wirkung auf die Kunden. Das iPhone 11 verkaufte sich blendend. Tim Cooks 50-Dollar-Strategie könnte das iPhone-Geschäft gerettet haben.

Das Gerät machte zuletzt 52 Prozent des gesamten Apple-Geschäfts aus. Aber andere Bereiche gewinnen an Bedeutung. Die Umsätze mit den tragbaren Geräten schossen auf gut zehn Milliarden Dollar in die Höhe, ein Plus von fast 37 Prozent. Apple hatte in der Weihnachtszeit neben einer neuen Watch-Generation auch eine verbesserte Version der AirPods herausgebracht. Die Ohrhörer waren besonders erfolgreich und zeitweise in vielen Läden ausverkauft.

In der Service-Sparte gab es ein Plus von rund 17 Prozent auf 12,7 Milliarden Dollar. Das Geschäft mit Abonnements für Musik, Nachrichten, Spiele, Speicherplatz, Filme und Serien gilt im Vergleich zur Hardware als stabiler. Die Kunden bleiben meist über lange Zeit treu. Apple betrachtet diese Angebote als zukunftsträchtig – und als eine Chance, die Abhängigkeit vom iPhone zu überwinden. Apples Ziel, mit den Diensten im laufenden Jahr einen Umsatz von 50 Milliarden Dollar zu erzielen, klingt inzwischen nicht mehr utopisch. Aber einfach wird es nicht, denn der Markt ist heiß umkämpft, Netflix, Amazon, Hulu und Disney heißen die größten Rivalen.

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iPhone bleibt Apples Herzstück

Zumindest in absehbarer Zeit dürfte das iPhone Apples Herzstück bleiben. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg meldete, dass das Unternehmen kurz vor dem Produktionsstart eines günstigen Nachfolgers für sein iPhone SE steht. Das Gerät könnte bereits im März verkauft werden. Im Gespräch ist ein iPhone SE 2, das ähnlich aussehen soll wie das iPhone 8, mit einem 4,7 Zoll großen Display und einem Fingerabdrucksensor.

Einen weiteren Schub dürfte Apple mit dem iPhone erleben, das im Herbst vorgestellt wird – und in der nächsten und damit fünften Mobilfunkgeneration 5G operieren kann. „Zuletzt hat Apple hauptsächlich von der Ersatzbeschaffung seiner Nutzer gelebt“, sagt Annette Zimmermann, Analystin des US-Beratungshauses Gartner. Kunden hielten jedoch immer länger an ihren älteren Geräten fest. Das könnte sich mit einem 5G-Smartphone nun ändern. „Mit etwas Glück löst Apple einen Superzyklus aus, sodass auch die Verkaufszahlen wieder wachsen“, meint Zimmermann. Denn viele Apple-Nutzer hätten sich mit Blick auf 5G mit einem Neukauf zurückgehalten.

Im Vergleich zu Konkurrenten wie Huawei und Samsung ist Apple ein 5G-Spätzünder. Beide Hersteller haben entsprechende Geräte längst im Markt. Weitere Modelle werden im Februar folgen. Doch es fehlen vielerorts noch die Netze dafür. In Deutschland gibt es nur einige Hotspots, von einem 5G-Netz kann keine Rede sein. Das wird sich auch bis Herbst nicht ändern. „Wer auf ein 5G-iPhone wartet“, sagt Gartner-Analystin Zimmermann, „macht dies in der Hoffnung, ein Smartphone für die nächsten drei Jahre zu kaufen.“

Coronavirus trifft Apple

Trotz aller Kritik über ausbleibende Innovationen bei Apple steigt die Aktie scheinbar unaufhörlich. Viele Hoffnungen, darunter der günstige iPhone-SE-Nachfolger und das kommende 5G-Modell, dürften eingepreist sein. Binnen Jahresfrist hat sich der Wert verdoppelt. Apple ist jetzt 1,24 Billionen Euro wert – fast so viel wie der gesamte Dax.

Schlechte Nachrichten aus China trüben das Bild ein wenig. Apple stellt sich auf Ausfälle in seiner chinesischen Zuliefererkette durch das Coronavirus ein. Einige Betriebe befänden sich in der besonders betroffenen Region rund um die Stadt Wuhan, sagte Cook. Es gebe aber alternative Quellen für die Bauteile. Zudem habe der Konzern einen Apple Store in China geschlossen und Reisen von Mitarbeitern in das Land reduziert.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images / Justin Sullivan