Bei der Aqkuise nicht sorgfältig genug gewesen? Coinbase kaufte vor kurzem das Blockchain-Analyse-Startup Neutrino.

Es ist ein schwieriger Jahresstart für Coinbase. Wo andere Firmen froh sind über den Kauf eines kleineren Unternehmens und die damit verbundene fachliche Bereicherung, dürfte die Kryptobörse dieser Tage ihre jüngste Übernahme bereuen: das umstrittene Mailänder Blockchain-Analyse-Startup Neutrino. Coinbase bemüht sich derzeit um Schadensbegrenzung.

Der Grund, den das US-Magazin Breakermag herausfand: Leitende Mitarbeiter von Neutrino gehörten früher zum italienischen Unternehmen Hacking Team. Das verkaufte seine Software zur Überwachung und Kriminalitätsbekämpfung auch an autoritäre Regime. Darunter Länder wie Kasachstan, Aserbaidschan, Saudi-Arabien und Sudan, wie Motherboard schon 2015 berichtete.

Ein Jahr zuvor wollten Forscher anhand von IP-Daten bereits herausgefunden haben, dass Spyware der Hacking-Team-Entwickler unter anderem zur Überwachung des emiratischen Menschenrechtsaktivisten Ahmed Mansoor eingesetzt wurde, der inzwischen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist. Hacking Team wollte die Forschungsergebnisse damals nicht kommentieren.

Erst die durch einen Hack öffentlich gewordenen internen Dokumente der italienischen Entwickler bewiesen zweifelsfrei: Hacking Team verkaufte seine Software an Diktaturen. Auch den Vereinten Nationen war das bereits aufgefallen. Kommunikationsdaten belegen, dass die UN der Ansicht waren, dass die Weitergabe von Überwachungssoftware an den Sudan internationale Sanktionen für den Verkauf von Waffen an dieses Land verletzt habe.

Wusste Coinbase von den damaligen Machenschaften der heutigen Neutrino-Führungskräfte? Man habe sich zwar vor dem Kauf des Startups intensiv mit der Technologie und Sicherheit der Software des Unternehmens beschäftigt, schreibt Coinbase-Gründer Brian Armstrong in einem Blogbeitrag. Aber bei der gesamten Akquise sei man wohl nicht sorgfältig genug gewesen, räumt er ein.

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Anders liest sich eine Coinbase-Stellungnahme, die Breakermag vorliegt. Darin bestätigte das Unternehmen bereits kurz nach der Neutrino-Übernahme: „Wir sind uns bewusst, dass die Mitgründer von Neutrino zuvor bei Hacking Team gearbeitet haben, das wir im Rahmen unserer Sicherheits-, Technik- und Personaleinsicht überprüft haben.“

Ob Coinbase nur nachlässig war oder die Vergangenheit seiner Neuzugänge bewusst ignorierte, der Schaden ist nicht mehr abzuwenden. Auch wenn Armstrong in seinem Blogeintrag schreibt, er wolle sich von den betroffenen Mitarbeitern trennen, rufen Twitter-Nutzer unter dem Hashtag #DeleteCoinbase zum Löschen von Accounts bei der Kryptobörse auf. Der bekannteste unter ihnen ist vermutlich der Gründer des kanadischen Konkurrenten Bull Bitcoin, Francis Pouliot. Er schreibt: „Sell your bitcoins on Coinbase, buy a jetpack and GET THE FUCK OUT OF THERE.“

Bild: The Washington Post / Getty Images