Contentful-Gründer Sascha Konietzke (Bildmitte) ist seit vergangenem Jahr nicht mehr CEO, sondern kümmert sich um die langfristige Strategie.
Contentful-Gründer Sascha Konietzke (Mitte) ist seit vergangenem Jahr nicht mehr CEO, sondern kümmert sich um die langfristige Strategie. Mit im Bild: der neue CEO Steve Sloan (links) und Mitgründer Paolo Negri

Das Berliner Software-Startup Contentful hat eine Finanzierungsrunde über umgerechnet etwas mehr als 70 Millionen Euro (80 Millionen US-Dollar) abgeschlossen. Das neue Geld kommt größtenteils von alten Investoren: Neben Sapphire Ventures, Salesforce und General Catalyst, die schon bei der letzten Finanzierung Ende 2018 mitmachten, hätten sich „fünf weitere neue und bestehende Unterstützer“ beteiligt, heißt es in einer Mitteilung.

Damit steigt die Gesamtfinanzierung von Contenful auf umgerechnet rund 140 Millionen Euro (158 Millionen Dollar). Ob das Startup schon Einhorn-Status, also eine Unternehmensbewertung von über einer Milliarde Dollar erreicht hat, wie es die Datenanalysten von CB Insights vergangenes Jahr vorhersagten, will Gründer Sascha Konietzke nicht verraten. Nur soviel: „Wir befinden uns definitiv in der Unicorn-Gegend“, sagt er im Gespräch mit Gründerszene. „Die Bewertung hat sich um einiges gesteigert.“

Contentful bietet ein Content-Management-System (CMS) an, mit dem sich Inhalte über verschiedene Kanäle und Plattformen hinweg ausspielen lassen, zum Beispiel Blogtexte oder Push-Nachrichten in Apps. Dieses will Konietzke nun durch neue Funktionen öffnen, sowohl für größere Zielgruppen als auch für Anbieter anderer Tools. „Wir haben als Produkt von Entwicklern für Entwickler angefangen, mittlerweile sprechen wir aber auch höheren Entscheidungsträgern in den Unternehmen und vielen Arten von Business-Nutzern“, sagt er. „Die vermissen bei uns vielleicht noch manche Funktionalität, die sie von seitenbasierten Systemen wie WordPress kennen.“ Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 2.200 zahlende Kunden, darunter Firmen wie Spotify, Heineken, Wework, Chanel oder Tui.

„Zulieferer für Geschäftsmodelle, die die Krise beschleunigt hat“

Außerdem soll Contentful eine Plattform werden, auf der mehr Anwendungen von Drittanbietern eingebunden werden. „Wir können nicht für alle Nutzungsszenarien die Features selbst bauen und müssen uns auf ein breiteres Ökosystem verlassen“, sagt Konietzke. Das derzeit 400-köpfige Team des Startups in Berlin und San Francisco soll deswegen wachsen und die Vermarktung ausgebaut werden. Bridget Perry, zuletzt Marketingleiterin von Adobe für Europa, den Nahen Osten und Afrika, wird Chief Marketing Officer (CMO) von Contentful.

Die Finanzierungsrunde hätte eigentlich schon früher stattfinden sollen. Doch dann gab Konietzke vergangenes Jahr den CEO-Posten ab. „Es war einfach nicht mehr so erfüllend wie in den ersten Jahren, als ich sehr eng am Produkt und mit den Kunden gearbeitet habe“, sagt der Gründer. „Als CEO hatte ich jeden Tag zehn Stunden Meetings im Kalender und am Ende der Woche habe ich mich gefragt: ‚Was hast du jetzt eigentlich getan – und was hat dir davon Spaß gemacht?‘“ Sein Nachfolger Steve Sloan bat zunächt um etwas Einarbeitungszeit.

Börsengang in ein bis zwei Jahren

Als die beiden im Februar schließlich soweit waren, wieder über eine Finanzierung zu sprechen, bahnte sich bereits die Corona-Krise an. Für viele Investoren ein Dämpfer, nicht so für die von Contentful, wenn man Konietzke glaubt. „Wir sind nicht Slack oder Zoom, es haben nicht von heute auf morgen tausende Unternehmen angefangen, unser Tool zu nutzen“, sagt er. „Aber wir sind eine Art Zulieferer für viele digitale Geschäftsmodelle, die durch die Krise beschleunigt wurden.“ Zwar brauche mancher Vertragsabschluss gerade etwas länger als vor der Pandemie, vor allem bei großen Firmenkunden. „Die Finanzabteilungen checken jetzt dreimal: ‚Brauchen wir dieses Produkt wirklich?‘“ Aber die Nachfrage sei trotzdem wieder zufriedenstellend.

Konietzke, der Contentful 2013 zusammen mit Paolo Negri gestartet hat, kümmert sich mittlerweile um Fragen der längerfristigen Strategie. Eine könnte lauten: Wann geht das Startup an die Börse? Das sei in ein bis zwei Jahren vorstellbar, sagt der Gründer.

Bild: Contentful