„IT-Teams sind riesige Ozeandampfer“, sagt Dashdash-Chef Torben Schulz (36, r.). Daneben: Mitgründer Humberto Ayres Pereira (34)

Eine Programmiersprache beherrschen die wenigsten, mit einem sogenannten Spreadsheet hat in deutschen Unternehmen aber wohl ein großer Teil der Mitarbeiter schon einmal gearbeitet. Gemeint sind die Tabellen in Programmen wie Excel oder Google Sheets, in deren Zellen Nutzer Kalkulationen durchführen können. Torben Schulz und Humberto Ayres Pereira machen sich den Bekanntheitsgrad dieser Oberfläche zunutze. Mit ihrem Freemium-Baukasten Dashdash sollen Freelancer sowie Mitarbeiter in kleinen Betrieben und Startups über Spreadsheets eigene Web-Anwendungen bauen können.

Lange gaben sich die Gründer des 2016 eingestellten Lieferstartups Eatfirst (heute nur noch in Großbritannien aktiv) in Bezug auf ihr neuestes Startup verschwiegen. Kurz nach ihrem Ausstieg bei Eatfirst gründeten sie noch im selben Jahr die Dashdash GmbH. Seitdem sammelte das Startup insgesamt neun Millionen US-Dollar ein, unter anderem von Accel Partners, das schon in Facebook investierte. Außerdem als Gesellschafter dabei: Zalando-Chef David Schneider und Home24-Gründer Felix Jahn. Das Startup sitzt in Berlin und Porto. Wir haben mit Torben Schulz über sein aktuelles Unternehmen gesprochen und nachgefragt, warum er von Mittagessen auf Software umschwenkte.

Torben, euer Tool soll Menschen helfen, im Job eigene Web-Anwendungen zu bauen – selbst wenn sie keine Ahnung vom Programmieren haben. Wie geht das?

Dashdash überträgt auf Spreadsheets, was Entwickler normalerweise mithilfe von Programmiersprachen erreichen, also zum Beispiel den Datenaustausch mit anderen Onlinediensten oder die Automatisierung von Arbeitsschritten. Gearbeitet wird in Zellen, statt langen Skripts werden bekannte Formeln wie WENN oder SUMME eingesetzt.

Was bringt das den Code-Laien?

Ein Beispiel ist, dass ich festlege, immer dann einen E-Mail-Alert zu erhalten, wenn etwas in meinen Daten passiert. Ich kann automatisiert SMS an bestimmte Gruppen schicken oder Daten anreichern, eine Unternehmensliste beispielsweise um aktuelle Telefonnummern. Das funktioniert genauso für Aktienkurse oder E-Mail-Adressen. So haben Mitarbeiter mehr Zeit für andere Dinge im Job.

Bevor ich solche Apps einrichten kann, muss ich den Umgang mit eurem Werkzeug aber doch erst einmal lernen. Wie schult ihr eure Nutzer?

Direkt in unserem Produkt. Wer mit herkömmlichen Spreadsheets arbeitet, findet ja auch Möglichkeiten, dort neue Formeln zu erfahren. Tricks und Kniffe sollen Nutzer außerdem voneinander lernen. Wir denken unter anderem an ein Forum auf unserer Webseite.

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Das erste gemeinsame Startup mit deinem Mitgründer lieferte Mittagessen aus. Jetzt kümmert ihr euch um ein rein virtuelles Produkt. Wie hat das eine zum anderen geführt?

Bei Eatfirst haben viele Mitarbeiter vom IT-Team nicht die Dinge bekommen, die sie für ihre Arbeit brauchten. IT-Teams sind riesige Ozeandampfer, die nur in eine Richtung fahren. Es ist schwer, ihnen mitten auf der Reise eine weitere Aufgabe mitzugeben. Unser Eatfirst-Bestellsystem lief zum Beispiel auf Spreadsheets. Humberto hatte daher die Idee, etwas zu entwickeln, dass den Mitarbeitern erlaubt, selbstbestimmt Anwendungen umzusetzen. Der Gedanke, das auf der bestehenden Spreadsheet-Oberfläche laufen zu lassen, die jeder schon kennt, hat uns beide so begeistert, dass wir gesagt haben, wir gründen etwas Neues.

Hatte diese Entscheidung auch damit zu tun, dass Eatfirst in Berlin nicht den gewünschten Erfolg hatte – und ihr auf der Suche nach einem Folgeprojekt wart?

Nicht nur. Wir haben schlicht entschieden, uns auf etwas anderes zu konzentrieren. Im Sommer 2016 gab es für uns dann einen fließenden Übergang von Eatfirst zu Dashdash.

In Deutschland war Eatfirst kurz zuvor eingestellt worden. Was habt ihr aus dieser Erfahrung gelernt?

Dass wir ein Gründerteam sind, das gut zusammenarbeiten kann. Damals war es so, dass es in Großbritannien einfach einen größeren, dichter besiedelten Markt und eine größere Zahlungsbereitschaft für diese Art von Dienst gab.

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Jetzt baut ihr ein Software-Unternehmen auf, das standortunabhängig funktioniert. Macht es das für euch als Gründer einfacher?

Das würde ich nicht sagen. Bei Startups gibt es immer eine Vielzahl von Problemen zu lösen. Aber der Software-Markt ist schon attraktiv, weil man sich an sehr viele Menschen weltweit mit einem einzigen Produkt richten und damit auch relativ hohe Margen erzielen kann.

Ihr wart vorher bei einem Rocket-Startup tätig. Da ist der schnelle Aufbau und gewinnbringende Verkauf des Unternehmens sozusagen im Business Plan festgeschrieben. Ist das jetzt bei Dashdash anders?

Wir arbeiten daran, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen und ein Produkt zu schaffen, das unserer Zielgruppe wirklich hilft. Wenn wir das schaffen, wird der Erfolg in irgendeiner Form kommen. Wir sind aber auf keinen Fall gezwungen, die Firma möglichst schnell zu verkaufen.

Ihr habt im Mai acht Millionen US-Dollar Risikokapital eingesammelt. Wofür habt ihr dieses Geld bislang eingesetzt?

Unser Team hat sich nahezu verdoppelt, aktuell sind wir 16 Leute. Bis Ende 2019 sollen es dann um die 30 Mitarbeiter sein.

Wann kommt die nächste Finanzierungsrunde?

Es gibt keinen Plan, auf den wir 100-prozentig festgelegt sind. Die Wachstumsphase aus dieser Finanzierungsrunde wird noch weit bis ins nächste Jahr hineingehen. Wir werden sehen, wie die Geschäftsentwicklung über die nächsten ein bis zwei Jahre läuft, dann werden wir diesbezüglich eine Entscheidung treffen.

Wie kommt man an so einen prominenten Geldgeber wie Accel Partners?

Bei uns lief das über unsere persönlichen Netzwerke. Natürlich hat uns aber auch geholfen, dass unsere bestehenden Investoren, insbesondere Cherry Ventures, ein gutes Wort für uns eingelegt haben. Am Ende investieren unsere Geldgeber in uns, weil sie an unser Produkt und Team glauben und den Markt spannend finden.

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Bild: Dashdash