Emovements-Gründer Benjamin Rudolph.
Emovements-Gründer Benjamin Rudolph.

Zwischen E-Bikes, E-Autos und E-Rollern erkannte ein Stuttgarter Wirtschaftsinformatiker eine Marktlücke: Was fehlte, waren elektrisch betriebene Rollatoren, fand Benjamin Rudolph. Drei Jahre lang tüftelte er an seiner motorisierten Gehhilfe, gestern stellte er sie bei Die Höhle der Löwen vor – mit Erfolg: Carsten Maschmeyer und Georg Kofler sagten ein Investment in Rudolphs Startup Emovements zu.

Gegründet hat Rudolph die Firma 2016, sein Rollator namens Ello mit Elektro-Antrieb ist aber erst seit Mai 2018 auf dem Markt. Der Vertrieb läuft über Sanitätshäuser und den eigenen Onlineshop. 100 Geräte habe er bisher verkauft, so Rudolph im Gründerszene-Interview. Finanziell wurde das Startup vor dem Löwen-Investment anderem durch das Exist-Stipendium und den Accelerator des Energiekonzerns Eon unterstützt, außerdem hat es über Crowdfunding 750.000 Euro eingesammelt.

Benjamin, dein Startup produziert Rollatoren mit E-Antrieb und „Zusatzfunktionen“. Was können die Geräte alles?

Die Motoren in den Hinterrädern können nicht nur auf Gehgeschwindigkeit antreiben, sondern auch bremsen. Die meisten Menschen mit Rollatoren haben Schwierigkeiten am Berg: Bergauf muss man ihn schieben, bergab muss man ihn halten. Dieses Halten ist bei gewöhnlichen Rollatoren ein großes Problem. Die Nutzer müssen dabei mit mechanischen Bremsen arbeiten, wofür die meisten gar keine Kraft in der Hand haben. Sie konzentrieren sich dann eher darauf, dass der Rollator nicht wegrollt, als auf ihren Gang. Deswegen sind unsere Motoren, die auch in Gefahrensituationen komplett stehen bleiben, Gold wert für die Zielgruppe.

Was heißt „in Gefahrensituationen“ – erkennt der Rollator die selbst?

Nein, die Bremsung läuft über unser ergonomisches Bedienfeld. Wir haben eine abgeschrägte Fläche vorne an den Griffen. Dort muss der Nutzer den Daumen auflegen, erst dann fährt der Rollator. Sobald der Daumen aber von diesem Zentrum rutscht, etwa wenn sich die Hand verkrampft oder ganz loslässt, stoppt der Rollator.

Und diese Bedientechnik ist simpel genug für eure Zielgruppe?

In die Steuerung haben wir am meisten Arbeit gesteckt. Am Anfang musste der Rollator noch über ein Tablet und einen Joystick bedient werden, inzwischen gibt es aber den Sensor. Einfacher geht es kaum: Der Sensor erkennt, ob der Daumen anliegt, dann fährt der Rollator los.

Müssen die Nutzer dann Angst haben, dass sie ständig hinter ihren Rollatoren her rennen müssen?

Nein, der Rollator beschleunigt nur auf Schrittgeschwindigkeit. Außerdem gibt es eine große Plus- und Minus-Taste, mit der man ihn individuell beschleunigen oder verlangsamen kann. Es ist allerdings nicht jeder Nutzer kognitiv noch in der Lage, die Geschwindigkeit selbst zu steuern. Daher kann man den Rollator auch auf ein bestimmtes Tempo einstellen lassen.

Ältere Personen sind häufig skeptisch gegenüber neuen Technologien. Erschwert das den Vertrieb?

Die Skepsis ist erst einmal groß, keine Frage. Allerdings auch bei jüngeren Leuten: Wenn sie „elektrischer Rollator“ hören, sind sie neugierig, glauben aber, es sei unnötig und es könne ohnehin niemand bedienen. Ihnen muss man kurz erklären: Die Elektrik braucht man hauptsächlich zum Bremsen und die Bedienung ist kinderleicht.

Wird der E-Rollator von Krankenkassen erstattet?

Wir haben eine Hilfsmittelnummer beantragt. Das sieht auch gut aus, aber es wird keine nennenswerte Summe erstattet werden. Generell erstatten Krankenkassen bei Rollatoren nur eine Pauschale von 60 bis 80 Euro.

Carsten Maschmeyer und Georg Kofler haben bei DHDL gemeinsam in dein Startup investiert. Ist es bei dem in der Show angekündigten Deal von 350.000 Euro gegen 30 Prozent der Anteile geblieben?

Nicht ganz: Sie haben insgesamt 400.000 Euro investiert. Dazu kommt jetzt noch Working Capital. Die Anteile sind aber gleich geblieben.

Im Bestfall wollen nach der Show viele Menschen euren Rollator kaufen. Könnt ihr eine sehr hohe Nachfrage überhaupt bedienen?

Es ist nicht so, dass wir 100.000 Rollatoren auf Lager haben, aber wir haben uns schon vorbereitet. Zum einen haben wir die Webseite überarbeitet, zum anderen ein Lager aufgebaut und genügend Material vor Ort, um für eine hohe Nachfrage produzieren zu können. Das ist natürlich eine große Kapitalanlage, die wir machen mussten, aber wir haben ja zum Glück die Hilfe der Löwen.

Bild: Emovements