Facebook hat einen Teil seines Geheimnisses rund um sein Hardware-Labor Building 8 gelüftet. Nach mehr als zwei Jahren Arbeit startet das soziale Netzwerk seinen Angriff auf Konkurrenten wie Amazon, Apple und Google mit zwei smarten Lautsprechern mit Display. Die Geräte mit der Bezeichnung Portal ermöglichen ihren Nutzern, über Video miteinander zu kommunizieren.

Bereits Anfang des Jahres tauchten erste Berichte über das Projekt in amerikanischen Medien auf, die jedoch von Facebook nie bestätigt wurden. Demnach sollte der Konzern die Geräte bereits für einen Marktstart im Mai vorgesehen haben.

Was zu der Verzögerung geführt hat, ist nicht klar. Möglicherweise ist dem Unternehmen der Datenskandal rund um Cambridge Analytica dazwischengekommen, bei der die Analysefirma Daten von fast 90 Millionen Nutzerkonten illegal erworben und sie zur Beeinflussung von Wählern genutzt haben soll.

Die beiden Portal-Geräte sollen nun ab November in den USA und später auch in anderen Ländern verkauft werden. Eine Angabe, wann sie nach Deutschland kommen, machte Facebook nicht. „Wir wollen unsere Portals möglichst schnell unseren Nutzern auch außerhalb der USA anbieten“, sagte Facebook-Produktmanager John McCarthy im Gespräch mit WELT.

Portal wird es in zwei Größen geben. Das kleinere Portal hat ein Display mit 10,1 Zoll und wird in den USA 199 Dollar kosten. Das größere Portal+ hat einen drehbaren Bildschirm von 15,6 Zoll und kostet 349 Dollar. Die Geräte sind vor allem für Videotelefonate optimiert.

Die über dem Display eingebaute Kamera folgt seinem Nutzer mithilfe einer intelligenten Bilderkennung durch den Raum und zoomt ihn heran. Tritt eine zweite Person in das Blickfeld, zoomt sie wieder heraus, sodass alle Teilnehmer zu sehen sind. Im einem ersten Kurztest funktionierte das problemlos.

Neben einer smarten Kamera hat Facebook seinen Portal-Geräten auch Smart Audio eingebaut. Mithilfe von vier Mikrofonen und Künstlicher Intelligenz werden Hintergrundgeräusche herausgefiltert und die Stimme des Sprechers verstärkt, auch wenn er sich durch den Raum bewegt.

Am besten funktioniert das System, wenn zwei Portal-Nutzer kommunizieren. Es gibt aber auch die Möglichkeit, von einem Portal Facebook-Nutzer über ihren Facebook-Messenger auf dem Smartphone oder Tablet anzurufen. Ein auf dem Portal begonnenes Gespräch kann während der Unterhaltung auch auf ein Smartphone transferiert werden.

Gemeinsam Musik hören mit Spotify

Facebook hat seiner Smart Camera einige Spielereien mitgegeben, die Nutzer bereits aus anderen Anwendungen kennen. So können sie sich mithilfe von Augmented Reality (AR) schmücken, indem sie sich beispielsweise eine virtuelle Katze auf den Kopf setzen.

Die Funktion Story Time überträgt das Geschichtenvorlesen auf das Portal. So kann ein Teilnehmer eine Geschichte vorlesen, die wie bei einem Teleprompter auf dem Display angezeigt wird. Der andere Teilnehmer hört und sieht seinen Gesprächspartner beispielsweise mit einer Schweinenase und Schweineohren, während auf dem Display weitere virtuelle Objekte eingeblendet werden. Zum Start stehen fünf Geschichten zur Auswahl.

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Haben zwei Portal-Nutzer einen Premium Account bei Spotify können sie auch gemeinsam Musik hören. Das funktioniert auch mit Pandora. Auf dem Portal stehen auch einige Apps zur Verfügung, beispielsweise um Videos zu sehen, darunter Newsy, Food Network und Facebook Watch. Googles Videoportal YouTube ist nicht verfügbar.

Wird das Portal nicht aktiv genutzt, kann es als digitaler Bilderrahmen herhalten und Facebook-Fotos anzeigen. Facebook nennt diese Funktion Superframe. Das Gerät zeigt auch einige wichtige Informationen aus dem Facebook-Account an, darunter Geburtstage. Der Newsfeed von Facebook lässt sich aber nicht darstellen.

Bedienung auch per Sprache möglich

Die Portal-Geräte können entweder über die berührungsempfindlichen Displays oder per Sprache bedient werden. Ein Videoanruf lässt sich starten, indem das Gerät mit „Hey Portal“ geweckt wird. Berichte, nach denen Facebook im Portal einen eigenen intelligenten Sprachassistenten verwenden will, haben sich nicht bewahrheitet. Seinen Assistenten M., der mit Künstlicher Intelligenz arbeitete, hatte Facebook bereits Anfang des Jahres wieder eingestellt.

Um die Funktionen der Portal-Geräte zu erweitern, greift Facebook auf den Amazon-Assistenten Alexa zurück. So können Nutzer die Wettervorhersage per Sprachbefehl abrufen oder vernetzte Geräte wie Lampen oder Jalousien steuern.

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Facebook hat seine Portal-Geräte mit einem Knopf versehen, der die Kamera und die Mikrofone ausstellt. Darüber hinaus liefert Facebook eine kleine Kunststoffabdeckung für die Kamera mit. „Wir wissen, wie wichtig unseren Nutzern der Datenschutz und die Privatsphäre sind“, sagte Facebook-Marketing-Direktor Nick Fell. Deswegen würden Gespräche nur verschlüsselt übertragen. Videogespräche würden auch nicht auf den Servern gespeichert.

Auch die Künstliche Intelligenz, die Kamera und Ton verbesserten, liefen nicht auf Facebook-Servern sondern auf dem Gerät selbst. Allerdings würden Sprachbefehle auf die Server von Facebook übertragen, könnten dort aber über das Facebook-Activity-Log wieder gelöscht werden. Sollten Nutzer jedoch Alexa nutzen, landen diese Sprachbefehle auf den Amazon-Computern.

Amazon bereits mit zweiter Version eines ähnlichen Geräts

Mit seinen Portals stößt Facebook in einen umkämpften Markt vor. Es gibt bereits mehrere Geräte von Amazon und Google, in denen die digitalen Assistenten eingebaut sind und die ein Display haben. Amazon hatte erst kürzlich die zweite Generation des Echo Show vorgestellt, die über sehr ähnliche Funktionen wie das Portal verfügt.

Viele Menschen zögern, sich einen smarten Lautsprecher mit einem mithörenden Mikrofon von Amazon ins Wohnzimmer zu stellen, weil sie ihre Privatsphäre schützen wollen. Das dürfte für Facebook noch mehr gelten als für Amazon.

Facebook hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Datenschutzpannen zu kämpfen. Zuletzt meldete das Unternehmen eine groß angelegte Hackerattacke, die eine Sicherheitslücke auf der Plattform ausnutzte. Betroffen davon waren nach Angaben von Facebook fast 50 Millionen Nutzerprofile.

Facebook zeigte sich bislang äußerst verschwiegen, wenn es auf das Building 8 angesprochen wurde. Doch der Konzern sucht per Stellenausschreibung immer wieder neue Mitarbeiter für seine Hardware-Projekte. Derzeit sind knapp 60 Stellen ausgeschrieben, darunter Jobs für Kameraexperten und Produktdesigner. Berichten zufolge konnte Facebook Experten unter anderem von Google, Apple und Gopro verpflichten.

Facebook muss mit den Geräten kein Geld verdienen

Die Portals dürften nur den Auftakt machen für eine ganze Reihe von neuen Geräten. In früheren Berichten war von Kameras, Augmented-Reality-Geräten und Drohnen die Rede. Bestätigt hat Facebook auch diese Berichte nicht.

Facebooks Modell im Geschäft mit der Hardware dürfte sich aber nicht allzu sehr von Amazon unterscheiden. Beide Unternehmen müssen mit ihren Geräten kein Geld verdienen. Wichtiger ist für sie, dass die Menschen ihre Dienste nutzen.

Mit Ausnahme seiner Virtual-Reality-Brillen von Oculus hat Facebook keine Erfahrung im Geschäft mit Unterhaltungselektronik. Das „Wall Street Journal“ hatte über den Plan berichtet, eigene Chips zu entwerfen, die in Datenzentren aber auch in anderen Geräten verwendet werden könnten.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: facebook