Ein häufiges Bild auf Konzerten: Die Sicht auf die Bühne ist von Smartphones versperrt.

Musikfans grölen bis zur Heiserkeit, sie tanzen und hüpfen voller Elan. Helles Licht lenkt ihren Blick in Richtung Bühne. Dorthin, wo der Bass die Boxen vibrieren lässt und die Künstler ihr neues Album präsentieren. Sie erleben den Moment, auf den sie lange gewartet haben – und genau dann leuchtet ein Handy-Display auf, direkt in ihrem Sichtfeld.

Das Filmen und Fotografieren auf Konzerten sorgt immer wieder für Streit. Eine Umfrage von Eventbrite, einer Plattform für Ticketverkauf, zeigt jetzt: Rund 70 Prozent der Besucher von Musikveranstaltungen fänden es gut, wenn andere weniger Fotos oder Videos davon machen. Doch der Drang nach verwackelten Erinnerungsaufnahmen scheint zu groß. Denn die Hälfte der Befragten streckt selbst den Arm in die Luft, um Fotos und Videos aufzunehmen.

Braucht Generation Smombie also Hilfe? 2015 kürte der Langenscheidt-Verlag „Smombie“, eine Zusammensetzung aus „Smartphone“ und „Zombie“, zum Jugendwort des Jahres – und nannte damit schon vor drei Jahren Personen, die ständig auf ihr Handy starren, beim Namen. Ihr Problem: Sie nehmen die Umgebung kaum wahr. Und der eigene Wille, das Handy wegzupacken, ist offenbar zu schwach. Denn das Gefühl, dass sie durch die eigene Handynutzung etwas von einer Musikveranstaltung verpassen, hatten immerhin schon ein Drittel der 1000 Befragten, heißt es bei Eventbrite.

Handytasche verhindert Konzertmitschnitte

Die Ablenkung durch Handys möchte das amerikanische Startup Yondr unterbinden. Seine Erfindung: eine Handytasche, die Besucher bei Einlass auf das Konzertgelände erhalten. Während der Auftritte sind die Handys darin eingetütet und fest verschlossen – wackelige Videoaufnahmen, lustige Selfies und schreiende Telefongespräche damit nicht möglich. Besucher können die Handytaschen ausschließlich in vorgesehenen Telefonbereichen auf dem Gelände entsperren. Bei Konzerten von Guns N’ Roses und Alicia Keys mussten Besucher bereits ihr Handy in Yondr-Taschen stecken.

Über eine handyfreie Zone dürften sich etliche Künstler freuen. Laut Eventbrite stört es rund zwei Drittel der 115 befragten Musikprofis, wenn Konzertbesucher Bild- oder Videoaufnahmen von ihren Auftritten machen. Ein Handyverbot kommt bei den befragten Konzertgängern in der Erhebung jedoch nicht gut an: Nur 16 Prozent befürworten es. Immerhin 75 Prozent sind aber offen für Regeln im Umgang mit dem Smartphone während Musikveranstaltungen.

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Ungeachtet dessen sollte man Kameras auf Konzerten ohnehin mit Bedacht nutzen. „Jeglicher Konzertmitschnitt stellt eine Urheberrechtsverletzung dar, wenn er ohne Einwilligung des Rechtsinhabers erfolgt ist“, erklärt Norman Buse, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Wer Konzertmitschnitte öffentlich zugänglich macht, begeht streng genommen einen Rechtsbruch.

Eine Verbreitung über Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram sei ebenfalls unzulässig, da die Plattform nicht nur Mitgliedern offenstehe, sondern sich grundsätzlich jeder anmelden könnte, sagt Buse. Rechtsinhaber sei in der Regel nicht nur ein Künstler. Als Miturheber sind auch Liedtexter und Musikproduzenten an einem Musikstück beteiligt. Ohne deren Einwilligung ist es auch zum privaten Zweck verboten, ein Konzert zu filmen. „Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich, dass die Künstler bereits gegen bloße private Handyaufnahmen vorgehen“, meint Buse. Schließlich könnten die Künstler damit ihre Fans vor den Kopf stoßen und schnell ihr gutes Image verlieren.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images /Jena Ardell