Die Harry’s-Gründer Andy Katz-Mayfield und Jeff Raider (von links)

Erinnert ihr euch noch an die fast 100 Jahre alte Fabrik in Thüringen, die vor fünf Jahren von einem New Yorker Startup übernommen wurde? Nun, diese Fabrik in Eisfeld, einem kleinen Ort im fränkischen Teil Thüringens, war ein wichtiger Teil des Erfolgs dieses US-Unternehmens, des Rasierer-Anbieters Harry’s. Und der wurde nun für stolze 1,37 Milliarden US-Dollar (1,23 Milliarden Euro) an Edgewell Personal Care verkauft, die Mutter von Marken wie Wilkinson und Hawaiian Tropic.

Auf dieser Seite des Atlantiks freut man sich über den Exit vor allem bei Lakestar, dem von Klaus Hommels gegründeten VC. Der war sehr früh bei Harry’s eingestiegen und profitiert dementsprechend vom Milliarden-Exit. So sehr, dass es das Ergebnis des Fonds, der immerhin 150 Millionen Dollar (135 Millionen Euro) umfasst, maßgeblich beeinflusst, wie Hommels Gründerszene am Telefon erzählt.

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Gegründet wurde Harry’s vor neun Jahren von Andy Katz-Mayfield und Jeff Raider. Ihnen seien die handelsüblichen Rasierer zu teuer und zu „spacig“ gewesen, sagen sie. Das müsste sich doch bei guter Qualität auch billiger machen lassen, so die Idee. Mit der blieben sie nicht alleine, im Heimatmarkt etwa machte vor allem Dollar Shave Club mit viel Marketing auf sich aufmerksam.

Der Harry’s-Wettbewerber wurde bereits vor knapp drei Jahren für eine Milliarde US-Dollar (900 Millionen Euro) an Unilever verkauft. Damals hatte Dollar Shave Club nach eigenen Angaben 3,2 Millionen Kunden, Harry’s verweist auf zuletzt rund vier Millionen Kunden.

Wieso nun der Kauf der thüringischen Fabrik ein so wichtiger Schlüsselmoment in der Geschichte von Harry’s gewesen ist? Bei Lakestar erzählt man es so: Weil die Produktion von Rasierklingen gar nicht so einfach ist und es weltweit nur wenige Hersteller gibt, können diese entsprechend hohe Preise abrufen und andere Bedingungen stellen. Doch durch die Übernahme von Feintechnik, so der Name der Fabrik, habe man sich unabhängig davon gemacht.

Margen von bis zu 40 Prozent habe Harry’s mit der eigenen Produktion der Klingen realisieren können, heißt es von Lakestar. Seit 2014, dem Jahr der Feintechnik-Übernahme habe sich der Umsatz von 80 auf 250 Millionen Dollar (72 beziehungsweise 224 Millionen Euro) mehr als verdreifacht, allein von 2017 auf 2018 habe es einen Anstieg von 40 Prozent gegeben. In einem Blogbeitrag von dieser Woche schreibt Katz-Mayfield, sein Unternehmen sei profitabel.

Profitiert habe Harry’s auch davon, nicht wie zu Beginn nur übers Netz zu verkaufen. Bei den US-amerikanischen Supermarktriesen Walmart und Target habe das Startup mit seinen „German engineering“-Produkten gute Erfolge erzielen können. Seit einer Weile schon bietet Harry’s nicht nur Rasierer und Klingen für Männer an, sondern auch andere naheliegende Produkte wie Rasiercreme und Seife. Für Frauen wurde das eigene Label Flamingo gestartet.

Für die beiden Gründer geht es nun beim neuen Eigentümer weiter. Katz-Mayfield und Raider werden Co-Presidents der amerikanischen Aktivitäten von Edgewell. Der Übernahme-Deal sieht vor, dass vom Kaufpreis ungefähr eine Milliarde Dollar in bar beglichen wird, der Rest wird den Harry’s-Gesellschaftern in Edgewell-Aktien ausgezahlt, die damit insgesamt elf Prozent der Anteile am Konzern erhalten.

Bild: Harry’s