Pflegeroboter mit Software von KI-Startups könnten auch in Krankenhäusern eingesetzt werden.
Pflegeroboter mit Software von KI-Startups könnten auch in Krankenhäusern eingesetzt werden.

Die EU will im Kampf gegen das neuartige Coronavirus die Erfahrung von KI- und Robotik-Startups nutzen. Dafür hat die EU-Kommission die Initiative „AI-Robotics vs Covid-19“ gestartet. Jungunternehmen können sich dort bewerben und in ein Verzeichnis aufnehmen lassen. In der Liste sind auch deutschsprachige Startups, die ihre Expertise bereitstellen wollen.

So hat die EU unter anderem das Schweizer Startup PICC Solution in ihr Verzeichnis aufgenommen. Das Unternehmen entwickelt und verkauft zusammen mit dem Luxemburger Startup Firis und dem deutschen Jungunternehmen KRS Intelligence die sogenannte PICC Software. Das ist eine Anwendung, die per Künstlicher Intelligenz Vorschläge bei technischen und demnächst auch medizinischen Fragestellungen machen kann.

Entwickelt worden sei die PICC-KI ursprünglich am CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, sagt KRS-Intelligence-CEO Kevin Reiter im Gespräch mit Gründerszene. Später sei die Software von einem Spin-off des CERN für industrielle Anwendungen weiterentwickelt worden. Auch da habe bereits der Problemlösungsansatz bestanden.

Der Algorithmus erkennt Probleme und deren Lösungen

Nutzerinnen und Nutzer der Software können ihr Wissen an die Anwendung weitergeben. Das kann mithilfe von Texten, Bildern oder Sprache geschehen. Ein Beispiel vom aktuellen Corona-Geschehen: Ein Arzt hat eine Möglichkeit für eine Reparatur für ein defektes Beatmungsgerät gefunden und lädt die entsprechenden Bilder und eine Anleitung per Smartphone in die PICC-Software hoch. Ein anderer Mediziner hat dasselbe Problem und gibt eine Frage dazu in das System ein. Die KI bringt Frage und Antwort zusammen und präsentiert dem Mediziner die Anleitung.

KRS-CEO Kevin Reiter vertreibt PICC Solution in Deutschland.

Solche Szenarien seien in sämtlichen medizinischen und technischen Bereichen denkbar, sagt Reiter. Auch weltweit. „In Italien gibt jemand ein Problem ein und in Holland sitzt jemand, der so ein Problem schon gelöst hat.“ Die Software übersetze die Texte der Nutzer in Echtzeit in 26 Sprachen.

Die Bedienung der Software sei kinderleicht, sagt Reiter. Wenige Minuten Einweisung reichten aus, um Virologen, Mediziner, Biotechnikerinnen, Laboranten und Stationsärztinnen zu vernetzen, damit diese Wissen auszutauschen können. Losgehen könne es sofort. „Die Infrastruktur steht“, sagt Reiter.

Die KI wird mit tausenden Dokumente trainiert

Für die Corona-Pandemie wollen die PICC-Entwickler ihre KI statt mit Industriedaten jetzt mit Informationen über das Coronavirus und die Pandemie füttern. Dazu arbeiten die drei Jungunternehmen mit einem Genfer Krankenhaus zusammen. „Wir sind Experten im Wissensmanagement, aber haben von Medizin keine Ahnung“, sagt Reiter. Schließlich müssten die Informationen aus tausenden Dokumenten geprüft werden, die zum Coronavirus aus China und anderen Ländern existierten.

So ein fertiges System wie PICC sollten im Idealfall alle Jungunternehmen haben, die sich für die EU-Initiative bewerben. Das kann ein System oder Roboterwerkzeug zur Vorbeugung, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten sein. Oder Anwendungen für Vorhersagemodelle zur Ausbreitung des Virus. Auch Tools zur Verbesserung der Genauigkeit und Geschwindigkeit von medizinischen Untersuchungen sind gefragt.

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Ein weiteres deutschsprachiges Startup in der Liste ist Divvoice. Das Unternehmen entwickelt einen Sprachassistenten, mit dem Roboter bedient werden können. Denkbar wäre, die Software des Jungunternehmens einzusetzen, damit Maschinen Oberflächen desinfizieren. Ein anderes deutsches Unternehmen ist das Hamburger Startup TheblueAI, das laut der EU-Liste eine App zur Telemedizin bereitstellen will, mit der sich Atemgeräusche an den Arzt schicken lassen.

Die Initiative „AI-Robotics vs Covid-19“ ist Teil der von der EU-Kommission koordinierten gemeinsamen europäischen Reaktion auf den Ausbruch der weltweiten Pandemie. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen alle zur Verfügung stehenden Mittel mobilisiert werden, um den EU-Mitgliedstaaten objektive Informationen über die Verbreitung des Virus und wirksame Anstrengungen zur Eindämmung des Virus mitteilen zu können.

Artikelbild: Laura Lezza / Getty Images; Porträt: Kevin Reiter