Microsoft-Manager Alex Kipman bei der Vorstelltung der HoloLens 2 auf der Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona

Auf dem Mobile World Congress in Barcelona zeigte Microsoft am Sonntagabend erstmals seine neue Augmented-Reality-Brille HoloLens 2. Sie soll im Vergleich zum Vorgänger ein großer Schritt in Richtung von Microsofts Vision eines Computers für den Kopf sein. In der Augmented-Reality-Technologie sieht der Konzern die Zukunft der digitalen Arbeit: Nutzer nehmen durch klare Brillengläser hindurch nicht nur ihre reale Umgebung wahr, sondern Einblendungen digitaler Inhalte.

Mit integrierten Kameras erkennt die HoloLens ihre Umgebung, die Hände des Nutzers sowie Handbefehle und blendet etwa Arbeitsanweisungen, Konstruktionspläne oder Röntgenbilder direkt in das Sichtfeld ein – eng verwoben mit der Realität. Während die erste Version der Brille aus dem Jahr 2016 aufgrund eines stark begrenzten Sichtfeldes und mangelnder Bildauflösung immer ein Stück weit ein Prototyp blieb, soll die nun in Barcelona gezeigte Version für fordernde Arbeitsumgebungen wie OP-Säle, Werkstätten oder Fabriken uneingeschränkt tauglich sein und bereits ab dem Frühling für etwa 3500 Dollar vorzubestellen sein.

Die Bildschirm-Auflösung ist feiner, das Sichtfeld ist größer, die Bedienung einfacher und die Brille bequemer und robuster – so robust, dass die US-Armee bereits einen Auftrag für Weiterentwicklung und Lieferung von bis zu 100.000 Brillen bei dem Konzern aus Seattle abgegeben hat. 480 Millionen Dollar will die Army in eine robuste Version der HoloLens 2 investieren, die den US-Soldaten digitale Informationen über Freund und Feind direkt ins Sichtfeld einblendet.

Hilfe auf unübersichtlichen Gefechtsfeldern

Wie eine solche Brille Soldaten insbesondere in unübersichtlichen urbanen Gefechtsfeldern helfen könnte, nehmen moderne Computerspiele vorweg: Eingeblendete Kartendaten zeigen den Nutzern im Sichtfeld nicht nur ihre Position in der Umgebung, sondern auch die Position eigener Truppen und erkannter feindlicher Stellungen, eingeblendet in die staubige Realität. Drohnen-Live-Videos oder Infrarot-Kamera-Bilder von Kameraden im eigenen Sichtfeld könnten Soldaten zusätzlich helfen, sich zu orientieren und Gegner wirksam unter Beschuss zu nehmen.

Doch das Geschäft mit dem Pentagon bringt den Konzern aus Seattle in Konflikt mit seinen Angestellten: In einem offenen Brief schreibt eine Gruppe von Microsoft-Mitarbeitern namens „Microsoft-Angestellte für das Gute“ an Microsoft-CEO Satya Nadella: „Wir sind besorgt, dass Microsoft Waffentechnologie für das US-Militär entwickelt, damit Soldaten mit unseren Werkzeugen effektiver töten können“, klagen die Entwickler in dem Schreiben von vergangener Woche. „Wir haben nicht bei Microsoft angefangen, um Waffen zu entwickeln, und verlangen zu wissen, wofür unsere Arbeit genutzt wird.“

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In einem ersten Statement verweist Microsoft auf einen Meinungsbeitrag im Firmenblog, in dem Microsofts Topmanager warnen, sich aus der Debatte um den Einsatz neuer Technologien wie Augmented Reality oder künstlicher Intelligenz im Militärkontext zurückzuziehen. Nicht nur wolle man als US-Konzern das amerikanische Militär unterstützen, sondern auch aktiv darüber diskutieren, wie man solche Technologien verantwortungsvoll einsetzen könne.

Microsoft ist nicht der erste Konzern, der über Pentagon-Aufträge mit seinen Angestellten in Konflikt gerät. Auch Google-Angestellte hatten zuletzt offen protestiert und sogar auf der Straße demonstriert, als der Konzern sich an einem Pentagon-Projekt namens „Maven“ zum Einsatz künstlicher Intelligenz beteiligen wollte. Google zog sich daraufhin aus der Entwicklung zurück. Amazon dagegen bemüht sich seit einigen Monaten um einen Milliardenauftrag zur Verwaltung von Pentagon-Daten in Amazons AWS-Cloud.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images / GABRIEL BOUYS