Im Dauerstreit zwischen Apple und seinem Ex-Chiplieferanten Qualcomm konnte der iPhone-Hersteller vor dem Landgericht Mannheim am Dienstag ein Gefecht formal zu seinen Gunsten entscheiden: Die Richter der zweiten Zivilkammer entschieden, dass Apples Geräte Qualcomms europäisches Patent Nummer EP 2 460 270 eben nicht verletzen. Damit endet eine weitere Runde zwischen den beiden Kontrahenten mit einem juristischen Unentschieden, denn auf eine Apple-Entgegnung, Qualcomm missbrauche seine Marktmacht, ging das Gericht gar nicht erst ein.

Die beiden Konzerne streiten sich bereits seit 2017 vor mehreren Gerichten um Exklusiv-Lieferverträge, Lizenzzahlungen und Marktmachtmissbrauch. Für beide Konzerne sind die Streitereien aber nur ein Spiegelgefecht – eigentlich geht es darum, den Kontrahenten zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Denn Apple würde gerne Qualcomms Chips kaufen, um das iPhone für die kommende 5G-Mobilfunkgeneration fit zu machen. Und Qualcomm will laut Aussage des Topmanagements von November auch Chips für das iPhone verkaufen – nur über die Preise für die Technologie sind sich beide Konzerne nicht einig. Ärgerlich ist das für Apple, da das kommende iPhone voraussichtlich ohne 5G-Funktion auskommen muss, denn bislang kann nur Qualcomm die passenden Chips liefern.

Die Richter in Mannheim begründeten ihre Entscheidung mit einem technischen Detail: Das Patent soll eine Chiptechnologie schützen, mittels derer der Stromfluss in einem Bauteil geregelt wird. Jedoch wird in dem Patenttext nicht beschrieben, wie genau dieser Strom definiert ist.

Das Gericht legte das Patent nun eng aus und wies die Klage mit der Begründung ab, dass Apple die beschriebene Funktion eben nicht nutze. In einem ähnlichen Fall vor dem Landgericht München hatte Ende Dezember Qualcomm gewonnen, Apple musste daraufhin seine älteren iPhone-Modelle 7 und 8 aus dem deutschen Handel nehmen.

Klagen in Deutschland sollen Apple nur nerven

Die Klagen von Qualcomm in Deutschland sind laut der Analyse von Prozessbeobachtern ohnehin nur „Nuisance“-Klagen – Verfahren, die Qualcomm anstrengt, um Apple auf die Nerven zu gehen, die Prozesskosten zu erhöhen und Argumente für weit wichtigere Verhandlungen in den USA zu sammeln.

Dort streiten sich Apple und Qualcomm aktuell in mehreren Verfahren: Qualcomm verlangt von Apple hohe Patent-Lizenzzahlungen pro Smartphone und verklagt den Konzern wegen angeblicher Patentverletzungen.

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Das für Qualcomm gefährlichste Verfahren spielt Apple über Bande: Die US-Kartellwächter der Federal Trade Commission werfen dem Chiphersteller Qualcomm vor, seine Marktmacht zu missbrauchen, um Wettbewerber im Chipgeschäft auszuschließen. Einer der Beschwerdeführer dabei ist Apple – und im Zeugenstand legen beide Konzerne interessante Details ihrer Geschäftsbeziehung offen.

Zuerst sagte ein Apple-Manager aus, Apple habe beim iPad Mini 2013 darauf verzichtet, einen zweiten Zulieferer für Modem-Chips zu suchen – Qualcomm bekam den Exklusiv-Liefervertrag, da der Konzern erhebliche Rabatte einräumte, um Wettbewerber wie Intel aus dem Feld zu schlagen.

Apple forderte Rabatt über eine Milliarde Dollar

Daraufhin konterte Qualcomm-Chef Steve Mollenkopf am Montag mit der Aussage, natürlich habe man alles gegeben, um die Konkurrenz aus den Apple-Geräten zu verdrängen – schließlich hätte Apple zuvor eine Milliarde Dollar für das Privileg verlangt, Zulieferer für das iPhone zu werden.

Solche Zahlungen von Zulieferern in Form von Rabatten auf den Listenpreis der Chips sind in der Branche nicht ungewöhnlich, sie dienen normalerweise dazu, die Entwicklungskosten für die Integration eines neuen Chips zwischen dem Smartphone-Hersteller und dem Zulieferer zu teilen – doch der Rabatt in Höhe von einer Milliarde Dollar war beispiellos hoch.

Dementsprechend sauer war Qualcomm, als Apple 2017 im iPhone 7 erstmals nicht nur Qualcomm-, sondern auch Intel-Mobilfunkchips verbaute – prompt starteten die beiden Kontrahenten ihren Marathon durch die Gerichtssäle in den USA, Asien und Europa.

Noch bis 2017 waren Apple und Qualcomm in einer Zweckehe verbandelt: Apple verwendete Qualcomm-Modemchips für seine iPhones und iPads und hatte mit Qualcomm Lizenzabkommen zur Verwendung von Funktechnologie-Patenten abgeschlossen.

Qualcomm weigert sich, Apple überhaupt zu beliefern

Doch Qualcomms Patente sind nicht billig. Die Chipschmiede hat über 130.000 Patente angesammelt und verlangt von Smartphone-Herstellern bis zu fünf Prozent des Verkaufspreises pro Gerät für deren Verwendung. Angesichts der hohen Verkaufspreise der iPhones hätte Apple demnach bis zu 30 Dollar pro iPhone zahlen müssen – viel Geld angesichts der Tatsache, dass die Mobilfunk-Chips nur 30 Dollar Listenpreis kosten.

2011 hatten sich Qualcomm und Apple auf eine Lizenzgebühr von 7,50 Dollar pro Gerät geeinigt. 2013 standen die Verträge zur Neuverhandlung an – nun wollte Qualcomm die Lizenzgebühren anheben, Apple lehnte ab. Daraufhin hatte Qualcomm nachgegeben und im Gegenzug verlangt, dass Apple Qualcomms Konkurrenten ausschließt. Doch 2017 kaufte Apple auch Intel-Chips.

Inzwischen sind die beiden Konzerne völlig zerstritten – so sehr, dass Qualcomm sich aktuell weigert, Apple überhaupt zu beliefern. Das wiederum ist Apple auch nicht recht: Aktuell ist Qualcomm im Bereich der kommenden Mobilfunk-Generation 5G technischer Marktführer, Apple hätte deswegen laut Aussage des COO Jeff Williams für die 2018 eingeführten iPhones Xr und Xs gerne weiter Qualcomm-Chips eingekauft.

Doch Qualcomm-Chef Mollenkopf stellte auf stur und weigerte sich, zu Apples Bedingungen zu liefern. Auch die kommende iPhone-Generation muss ohne Qualcomm-Chips auskommen. Die Folge: Apples kommendes neues iPhone des Modelljahres 2019 bleibt bei 5G voraussichtlich außen vor, laut Branchenbeobachtern kann Intel erst für die übernächste iPhone-Generation im Jahr 2020 passende Chips liefern.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild:  Tomohiro Ohsumi / Getty Images