In der Picsart-App können User Fotos mit Effekten versehen, zu Collagen verbinden und in einer Community teilen.

Der April begann für die Macher der Foto-App Picsart mit einer Klage. Der Konkurrent VSCO warf ihnen vor, sie hätten 19 seiner Fotofilter nachgebaut und sie dann in der eigenen App als „exklusiv“ ausgegeben. Picsart reagierte mit einem knappen Statement, irgendwo zwischen betonter Gelassenheit und Herablassung: VSCO sei doch gar kein direkter Wettbewerber, „aber sie fühlen sich ganz eindeutig bedroht von uns“, schrieb das Unternehmen. „Wir sind enttäuscht, dass sie solche falschen Vorwürfe gegen uns erheben.“

Vielleicht wirkte da noch das Selbstbewusstsein aus dem Januar nach, als Picsart in den App-Charts kurzzeitig sogar Instagram überflügelte (siehe Infografik). Mittlerweile rangiert die App in Deutschland laut der Analysten von App Annie immer noch auf Platz zwei der Android-Download-Charts in der Fotokategorie, auf dem iPhone ist es immerhin Platz sieben. 2,2 Millionen monatlich aktive Nutzer hat Picsart hierzulande nach eigenen Angaben, weltweit sollen es 130 Millionen sein.

Downloadzahlen von Picsart, geschätzt von Priori Data. Anfang 2019 gab es einen deutlichen Ausschlag.

Vor Kurzem investierten der Silicon-Valley-VC Sequoia, Insight Venture Partners und der Wiener Fonds Capital300 in das Startup. Die Summe ist nicht bekannt, Mitgründer Mikayel Vardanyan sagte dem österreichischen Startup-Magazin Der Brutkasten nach der Finanzierungsrunde jedoch: „Ich glaube, dass wir entweder dieses oder nächstes Jahr ein Unicorn werden.“ Hoch gesteckte Ziele, vor der aktuellen Finanzierungsrunde hatte Picsart laut Crunchbase erst 45 Millionen Dollar Wagniskapital eingesammelt.

Vardanyan hat die Firma 2011 zusammen mit Hovhannes Avoyan und Artavazd Mehrabyan in Armenien gegründet. Seitdem hat die App, in der User Fotos mit Effekten versehen, zu Collagen verbinden und in einer Community teilen können, sich zu einem Hidden Champion entwickelt. 350 Mitarbeiter hat Picsart in Armenien, Russland, China und dem Silicon Valley, das mittlerweile der Hauptsitz ist. 70 Prozent der Belegschaft kümmern sich nach Firmenangaben um die Produktentwicklung, die Hälfte sollen Frauen sein.

80 Prozent der App-Nutzer sind laut Techcrunch noch keine 35 Jahre alt. Die wichtigsten Wachstumsmärkte sind die USA, Japan, Deutschland und China, wo es Picsart zugute kommt, dass große US-Konkurrenten wie Snapchat und Instagram blockiert sind. Zehn bis 30 Prozent pro Monat konnte die App dort laut Techcrunch zuletzt zulegen. Auf Ausstellungsgeräten in Apple Stores in China, den USA, Deutschland oder Österreich ist sie laut Trending Topics mittlerweile vorinstalliert.

Geld verdient Picsart seit dem Frühjahr 2018 mit Premiumfunktionen. Schon kurz nach dem Start des Geschäftsmodells im Frühjahr 2018 habe man cashflow-positiv gearbeitet, heißt es vom Unternehmen, mittlerweile würde aber wieder stärker ins Wachstum investiert. Je nach Land kosten die Features im Abo zwischen einem und acht Euro pro Monat – darunter auch Filter wie ebenjene, für die Picsart im April verklagt wurde.

Lest auch

Bild: Picsart