Staramba-CEO Christian Daudert

Fußballer, Lady Gaga und gutes Wachstum – das war bisher das Rezept des Berliner Virtual-Reality-Startups Staramba. Mit 3D-Kameras filmte das Unternehmen berühmte Personen wie Manuel Neuer, Helene Fischer und Ralf Moeller ab, goss sie später in teure Plastikfiguren oder verkaufte die Avatar-Scans an die Spielebranche. Das brachte ein kräftiges Wachstum: Von 2016 zu 2017 steigerte sich der Umsatz nach eigenen Angaben um das Sechsfache auf rund zwölf Millionen Euro. Bereits ein Jahr nach dem Start im Jahr 2014 ging es an die Börse. 

Doch das bereitet dem Überflieger nun massive Probleme. Der Aktienkurs ist in den vergangenen sechs Monaten stark gesunken. Betrug der Börsenwert im Mai noch 150 Millionen Euro, kommt das Startup nun noch auf 20 Millionen. Der Grund: Es gibt Probleme mit Starambas Geschäftsbericht, den das Unternehmen wegen seiner Börsennotierung vorlegen muss.

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Denn der ist Kern eines öffentlichen Streits samt PR-Debakel geworden. Im Mai hatten die Wirtschaftsprüfer von BDO bekannt gegeben, den Jahresabschluss nicht testieren zu wollen, weil keine ausreichenden Nachweise für die Jahresumsätze 2017 und Prognosen für 2018 vorlägen. „Wir teilen die Einschätzung der BDO nicht“, kritisierte Staramba-CEO Christian Daudert daraufhin im Interview mit 4investors.de die Prüfer, räumte aber eigene Versäumnisse ein.

Zudem korrigierte Staramba den geplanten Umsatz für das laufende Jahr von 16 auf zwölf Millionen nach unten. Die Veröffentlichung des Abschlussdokuments musste Staramba mehrfach verschieben. Der letzte Termin war nun der 30. November. Zwischenzeitlich hatte die Bafin Zwangsgelder in Höhe von 220.000 Euro angedroht, sollte das Startup seinen Finanzberichterstattungspflichten nicht nachkommen.

Doch erneut verweigerten die Bilanzprüfer ihr Okay: Statt Abschlusstestat gab es einen Versagensvermerk. Rund 60 Prozent der von Staramba behaupteten Umsätze ließen sich immer noch nicht nachweisen, so die Prüfer. Daudert habe die Wachstumsprognosen für 2018 immer noch zu hoch angesetzt. Staramba stecke in einer Ertragskrise und die Liquiditätslage sei angespannt. Man könne „eine Aufzehrung des Eigenkapitals und somit eine handelsbilanzielle Überschuldung im Zeitpunkt der Erteilung unseres Versagungsvermerks nicht ausschließen“, so BDO. Dem widersprach Staramba-CEO Christian Daudert gegenüber der Wirtschaftswoche: „Eine Liquiditätskrise lag und liegt zu keinem Zeitpunkt vor. Auch eine bilanzielle Überschuldung lag und liegt zu keinem Zeitpunkt vor.“

Trotzdem hat das Startup nun entschieden, den Jahresbericht ohne Prüfsiegel öffentlich zu machen. Ganz nach dem Motto: Lieber kurz und schmerzhaft. Und schmerzhaft wurde es.

An der Börse halbierte sich nach der Veröffentlichung Anfang Dezember Starambas Firmenwert. Nun denkt das Startup laut nach, gegen die Wirtschaftsprüfer vorzugehen. Staramba wolle in den kommenden Tagen dazu eine Entscheidung treffen, heißt es von Gründerszene auf Nachfrage. Seine Kritik an den Wirtschaftsprüfern bringt Daudert so auf den Punkt: „Im Grunde geht es darum, wie man einem in 6 Monaten unter Mithilfe von zahlreichen Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Anwälten gemeinsam erstellten Jahresabschluss einen Bestätigungsvermerk versendet, um ihn dann 24 Stunden später am letzten Prüfungstag zu kassieren.“ Dabei hatte das Berliner Startup an der Börse eigentlich einen Höhenflug hinter sich. Obwohl der VR-Experte die selbst gesteckten Umsatzziele in der Vergangenheit immer wieder kassieren musste, stieg der Wert der Aktie von ehemals knapp sieben Euro vor dem Streit mit den Wirtschaftsprüfern im Mai auf das Neunfache.

Für 2018 erschloss sich Staramba eine weitere Geldquelle. Von Juni bis Juli startete das Startup einen ICO und verkaufte Kryptocoins. Dabei sollen laut Angaben des Unternehmens insgesamt 390 Millionen Token zu einer Stückzahl von rund 10 Dollarcent verkauft worden sein. Aufgrund großer Rabatte reduzierten sich die Einnahmen letztlich – wie gestern bekannt gegeben wurde – auf über 18 Millionen Euro. Ob der Einbruch der Kryptomärkte den Betrag mittlerweile verringert hat, gab das Unternehmen nicht bekannt. Ob das reicht, um Ruf und Aktienkurs an der Börse wieder aufzupolieren, ist fraglich.

Bild: Chris Marxen | Headshots-Berlin.de