In seinem Streaming-Portal will die Telekom auch Eigenproduktionen anbieten.
In seinem Streaming-Portal will die Telekom auch Eigenproduktionen anbieten.

Die Deutsche Telekom will ihren Internet-TV-Dienst Entertain künftig auch für Nutzer öffnen, die keinen Vertrag und Anschluss bei der Telekom haben. Damit konkurriert der Konzern direkt mit Streaming-Anbietern wie Netflix und Amazon Prime Video. „Für uns ist das ein strategischer Meilenstein“, sagte Michael Hagspihl, Privatkunden-Chef bei der Telekom, im Gespräch mit WELT.

Tatsächlich entwickelt sich das Internet-TV-Geschäft der Telekom eher zäh. Seit Jahren versucht der Bonner Konzern, sein TV-Geschäft auszubauen. Insbesondere seit der Konkurrent Vodafone den TV-Kabelanbieter Kabel Deutschland (KDG) übernommen hat, ist Entertain ein wesentliches Instrument, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können. Denn Vodafone kauft jetzt auch noch den zweiten großen TV-Kabler UnityMedia auf.

Derzeit zählt Entertain 3,2 Millionen Nutzer. Damit dürfte die Telekom ihre internen Ziele für diesen Dienst verfehlen. Sie hatte geplant, bis Ende des Jahres fünf Millionen Entertain-Kunden gewinnen zu können. Indem sich Entertain ab Oktober nun für Nicht-Telekom-Kunden öffnet, könnte der Dienst noch einen Wachstumsschub erleben.

Künftig auch auf Fernsehern vorinstalliert

Bei Entertain werden TV-Programme, Serien und Filme bislang über das Netz der Telekom gestreamt. Wer zu Hause einen Set-Top-Receiver besitzt, kann die Sendungen dann auf seinem Fernsehgerät betrachten. Apps für Entertain gibt es auch für Smartphones und Tablets. Die mobilen Geräte sollen auch den Start für das neue Entertain außerhalb des Telekom-Netzes machen. „Wir erweitern für EntertainTV die mögliche Zahl der Nutzer auf 40 Millionen“, sagte Hagspihl. Zu Beginn wird die Anwendung für Apple- und Android-Geräte zur Verfügung stehen.

10 Netflix-Filme, die Gründer gucken sollten

Für die Telekom ist dies aber nur ein erster Schritt. Gespräche mit TV-Geräte-Herstellern wie Samsung liefen bereits, um Entertain auch auf Fernsehern zu installieren, bevor sie verkauft werden. Den Preis für das neue Entertain will die Telekom noch nicht nennen. Zum Start sollen mehr als 100 TV-Sender ihre Programme live über den Dienst senden, darunter auch der Pay-TV-Anbieter Sky. Wer die privaten Rundfunksender ProSieben, Sat.1 und RTL in einer höheren HD-Auflösung empfangen will, zahlt einmal einen Aufpreis auf den Grundpreis. Diese Sender verlangen für HD-Qualität auch über das Antennen-Fernsehen DVB-T2, Satellit und Kabel eine Gebühr.

Funktionen wie Timeshift, Restart oder Replay für die TV-Programme sollen bei dem neuen Angebot den Angaben zufolge zum Start noch fehlen, weil mit den Rechteinhabern noch verhandelt werden muss. Diese Funktionen ermöglichen es, beispielsweise bei einem laufenden Film auch im Live-Programm wieder an den Anfang zu springen.

Serien-Einkauf lohnt sich nur mit mehr Nutzern

Die Telekom öffnet nun Entertain aus mehreren Gründen. Zum einen will sie ihre Nutzerzahl vergrößern. Zum anderen erhofft sie sich dadurch auch neue Kunden für ihre Fest- und Mobilfunkanschlüsse. „Familien werden künftig ihr Budget für die Medien- und Telekommunikationsnutzung weiter konzentrieren“, sagte Hagspihl. Darüber hinaus bekommt die Telekom dadurch neue Kundenbeziehungen, die sie dafür nutzen kann, weitere Angebote zu machen.

Außerdem vergrößert der Konzern dadurch die Zielgruppe für eigene Inhalte, die er inzwischen produzieren lässt. Dazu zählt die Serie „Deutschland-Les-Landes“, die zuvor unter dem Titel „Germanized“ angekündigt wurde. Zugpferd der Serie, die sich den Kulturunterschieden zwischen Deutschland und Frankreich widmet, ist der Schauspieler Christoph Maria Herbst.

Die Telekom braucht auch zusätzliche Nutzer, damit sich der Einkauf von exklusiven Serien lohnt. So gibt es den internationalen Erfolg von „The Handmaid’s Tale“ nur bei der Telekom zu sehen. Auch die mehrfach preisgekrönte Comedy-Serie „Better Things“ hat die Telekom exklusiv. Auf diese Weise wird der Konzern zum direkten Konkurrenten von Netflix und Amazon Prime Video, die ihre Dienste ebenfalls unabhängig von Telekommunikationsnetzen anbieten.

Die Telekom fährt hier eine Doppelstrategie: Zum einen konkurriert sie mit ihren Inhalten, zum anderen bindet sie die Streaming-Anbieter auf ihren Entertain-Boxen mit ein. Netflix ist schon länger auf den Receivern verfügbar. Nun hat sich der Konzern auch mit Amazon geeinigt, sodass ab dem 10. September auch Prime Video auf den Boxen abrufbar ist.

Bild: Telekom