Die Gründerszene-Redaktion hat die App Zalando Wardrobe getestet und ausrangierte Kleidung darüber verkauft.

Zalando muss seine Kunden zum Kaufen animieren. Die Warenkörbe fallen immer kleiner aus, gleichzeitig steigt die Retourenquote. Im Schnitt gibt jeder Kunde etwa 60 Euro pro Bestellung aus, die Hälfte der bestellten Ware geht wieder zurück. Die Umsätze von Zalando lagen 2018 weit unter den Erwartungen. Ein Teil der Lösung soll die App Zalando Zircle sein.

Der Berliner Konzern launchte das Angebot im Juli 2018 noch unter dem Namen Zalando Wardrobe und machte massiv Werbung in den sozialen Netzwerken. Über die App können Kundinnen ihre Kleidungsstücke hochladen, um sie mit anderen Nutzern zu teilen oder zu verkaufen ­– entweder an Zalando-User oder den Modehändler selbst. Aber lohnt sich das?

Plattform für Möchtegern-Influencer

Die App gibt es kostenlos für Android und iOS. Um den Service verwenden zu können, müssen Kunden bei Zalando registriert sein. Mit ihren Login-Daten melden sie sich auch in der App an.

Die „Wardrobe“ ist eine der fünf Funktionen und soll den eigenen Kleiderschrank kopieren. Alle Teile, die ich in den vergangenen zwei Jahren über Zalando gekauft habe, sind dort bereits aufgeführt. Über ein Feld kann ich neue Stücke hinzufügen: Foto hochladen, Kategorie und Marke auswählen, fertig. Eine Idee der App ist es, dass Mitglieder Bilder von ihren Outfits posten und diese über die Wardrobe mit den entsprechenden Stücken im Onlineshop verlinken können. Auf diese Weise sollen sich Nutzer inspirieren lassen und neue Artikel shoppen. In meiner Timeline finde ich leider vor allem schlecht belichtete Spiegel-Selfies.

Ich will allerdings auch nur meine gebrauchte Kleidung loswerden. Eine Möglichkeit ist der Marktplatz. Er funktioniert ähnlich wie Kleiderkreisel oder Ebay. Davon verspreche ich mir wenig, der Aufwand, jedes Teil einzeln verkaufen zu müssen, ist mir zu hoch.

Artikel meiner Wardrobe

Die viel spannendere Funktion ist der Sofortverkauf über Zalando Zircle. Bei jedem gebrauchten Artikel gibt es die Möglichkeit, dass der Onlineshop ihn gegen einen geringen Betrag annimmt. Laut Zalando lassen sich in der App Kleidungsstücke von mehr als 1.500 Marken verwalten, vornehmlich solche, die auch im Onlineshop zu finden sind. Allerdings listet die App auch Marken wie Zara, obwohl der Modehändler deren Kollektionen gar nicht verkauft. Andererseits gibt es im Onlineshop Labels, die nicht auf Zalando Zircle zu finden sind. „Die Ankaufsliste orientiert sich am Verkaufsbedarf der Kundinnen“, sagt Torben Hansen, Vice President Customer Management bei Zalando, auf Nachfrage von Gründerszene. „Entsprechend geht die Ankaufsliste über das Zalando-Sortiment hinaus.“

Nicht jedes Teil wird akzeptiert

Ich stelle zwei Kartons im Abstand von zwei Wochen zusammen. Für die erste Box lade ich 17 Teile hoch, maximal 20 Artikel dürfen auf einmal versandt werden. Zu jedem Kleidungsstück, dass ich in die digitale Kiste lege, gibt Zalando einen Festpreis an. Für einen Rock bekomme ich beispielsweise 1,14 Euro, für eine Hose von American Apparel zahlt der Modehändler 6,63 Euro. Zusammen bekäme ich am Ende 38,42 Euro. Ich bestätige den Verkauf und innerhalb von zehn Minuten hat die App die Artikel überprüft. Einfarbige Basic-Oberteile, Sportartikel, Bade- und Unterwäsche sowie offensichtlich kaputte Teile nimmt Zalando Zircle nicht an. Daher hat das System zwei schlichte Tops aussortiert. Verbleibender Wert: 36,00 Euro. Ich drucke einen Versandschein aus, bringe die Kiste zur Post und bekomme vier Tage später eine Antwort.

Zalando-Mitarbeiter haben die Waren noch einmal persönlich gecheckt. Ein Shirt musste Zalando ablehnen, weil das Etikett herausgeschnitten und so weder Größe noch Marke zuzuordnen waren. Zwei Teile habe ich vergessen, beizulegen. Auch die werden von der Summe abgezogen. Ich muss den Ankauf nur noch in der Mail bestätigen und bekomme für meine letztendlich zwölf Artikel eine weitere E-Mail mit einem Gutscheincode über 29,70 Euro, eine andere Auszahlungsmöglichkeit gibt es nicht. Für den Gutschein gilt weder ein Mindestbestellwert noch ein Ablaufdatum. Das abgewiesene Oberteil kann ich mir zurückschicken lassen oder spenden. 

Doch was passiert mit den Kleidungsstücken? „Wir verkaufen den Großteil der erworbenen Artikel über Online- sowie Offline-Kanäle in ganz Europa“, sagt Hansen. Die Spenden würden „einem neuen Zweck zu Gute kommen“. Konkrete Plattformen oder Organisationen nennt er nicht.

Versuch Nummer zwei

In der zweiten Box biete ich 14 Stücke zum Preis von 38,97 Euro an, darunter eine Tasche, bei deren Marke ich mir nicht mehr sicher bin. Diesmal füge ich eines der vergessenen Teile aus Box 1 wieder hinzu. Nach der ersten Überprüfung wird das Top allerdings nicht angenommen, obwohl es im ersten Anlauf noch funktionierte. Der Kundendienst kann mir leider nicht helfen: „Der Grund hierfür ist mir nicht bekannt“, heißt es.

So stark spielen Onlineshops mit den Preisen

Eine Woche später kommt die Mail, dass der Verkauf abgeschlossen sei. Dieses Mal bekomme ich 28,68 Euro auf meinen nächsten Kauf gutgeschrieben. Die Handtasche und ein weiteres Teil wurden abgelehnt und ich lasse sie spenden.

Fazit

Zalando zahlt zwar nur einen Bruchteil des Warenwerts, ich werde die App aber weiterhin nutzen, um meine alten Klamotten zu verkaufen. Die weiteren Funktionen, beispielsweise die Stylingtipps anderer User, habe ich gar nicht in Anspruch genommen. Ein Kritikpunkt ist, dass die App bislang nur für Damenmode ausgelegt ist. 

In meinen Augen lohnt sich Zalando Zircle vor allem für ausrangierte Stücke, die sonst in den Altkleidercontainer wandern würden. Der Aufwand, seine Kleider und Hosen zu fotografieren, zu verpacken und wegzuschicken ist auch bei einem Gegenwert von rund 30 Euro noch gering, alles ist in einer halben Stunde erledigt. Die meisten meiner Artikel waren laut Zalando etwas mehr als einen Euro wert. Für hochwertige Stücke zahlt Zalando auch mal 30 Euro, beispielsweise für Kleider von The Kooples. Sicherlich würden einzelne Nutzer auf Portalen wie Kleiderkreisel oder Mädchenflohmarkt das Dreifache dafür ausgeben, aber der Aufwand ist dort auch größer. Dass die Beträge als Gutschein ausgezahlt werden, stört mich nicht, da ich selbst auch über Zalando shoppe. 

Am Ende bleibt die Frage, ob sich die Sofortkauf-Dienstleistung für den Modehändler überhaupt lohnt. Das Berliner Unternehmen macht sich hier die Mühe, sämtliche aufgekaufte Teile erneut auf Onlineplattformen anzubieten oder mit Offlinehändlern zu feilschen – nur um mehr Bestellungen zu generieren.

Bilder: Gründerszene/Free Mockups/Dribble, Screenshot/Zalando Wardrobe