Früher Berater bei Deloitte, heute Startup-Gründer: Magnus Kobel (46)
Früher Berater bei Deloitte, heute Startup-Gründer: Magnus Kobel (46)

Vor zwei Jahren gab Magnus Kobel seinen gut bezahlten Job als Berater auf. Warum? Der Berliner wollte mithelfen, den Gesundheitsmarkt zu digitalisieren – da habe Deutschland nämlich großen Nachholbedarf, findet er. 

2016 gründete Kobel die Magnum Est Digital Health GmbH. Seit Anfang 2017 sind er und seine 15 Mitarbeiter mit der App Yas.life auf dem Markt. Die Anwendung belohnt die Nutzer für Bewegung: Nach fünf Tagen regelmäßiger Bewegung gibt es etwa zwölf Prozent Rabatt im Onlineshop von Sportscheck. 50.000 Personen haben die App inzwischen heruntergeladen. Finanziell wird das Startup von 15 Business Angels sowie der Versicherungsgesellschaft Deutsche Rück unterstützt. 

Magnus, deine App soll die Nutzer motivieren, sich mehr zu bewegen. Wie funktioniert das?

Wir belohnen Aktivitäten mit Punkten: Pro 10.000 gelaufener Schritte oder 20 Minuten Sport bekommen die Nutzer Punkte. Diese können dann in Prämien unserer Partner eingetauscht werden. Das sind bekannte Marken wie Garmin oder Sportscheck, aber auch Startups aus dem Bereich Gesundheit.

Sind die Deutschen so faul, dass man sie mit Geschenken bestechen muss, damit sie sich bewegen?

So wenig wie jetzt haben sich die Deutschen tatsächlich noch nie bewegt. 57 Prozent der Leute sind nicht ausreichend körperlich aktiv. Außerdem gehört Deutschland zu den Nationen, in denen die Inaktivität am meisten gestiegen ist.

Wie misst die App die Aktivität der Nutzer?

Entweder über Fitness-Apps auf dem Smartphone oder über Wearables, die die Nutzer mit unserer App verbinden können. Aktivitäten, die man nicht digital tracken kann, lassen sich manuell hinzufügen – zum Beispiel Yoga oder Hausarbeit.

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Das Konzept erinnert an Payback. Nur, dass man dabei Punkte fürs Shoppen erhält und bei Yas.life für Bewegung.

Vom Prinzip her ist der Vergleich richtig. Wir setzen aber nicht nur auf extrinsische Motivation. Wenn die Nutzer abends auf die App schauen und ihre 25 Punkte geschafft haben, ist das wie ein virtuelles Schulterklopfen. Das motiviert zu mehr Aktivität. 

Welche Zielgruppe lässt sich auf diese Weise zu Bewegung motivieren?

Unsere Nutzer sind überwiegend Frauen von Mitte 20 bis Mitte 40. Interessant ist, dass wir Männer und Frauen auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Männer springen eher auf Wettbewerb an: An unseren regelmäßigen Challenges, zum Beispiel, dass man Extra-Punkte bekommt, wenn man in zehn Tagen 100.000 Schritte läuft, nehmen mehr Männer als Frauen teil.

Seit Kurzem bietet ihr die App als White-Label-Lösung an. Was heißt das?

Versicherungen, Krankenkassen und Unternehmen können unser Konzept in ihrem Look nutzen. Das heißt, wir passen unsere App optisch und inhaltlich an ihre Bedürfnisse an. Derzeit arbeiten wir zum Beispiel mit der Versicherungskammer Bayern zusammen.

Müssen besonders aktive Nutzer dann geringere Versicherungsbeiträge zahlen?

Beitragssenkungen sind bislang nicht möglich. Grundsätzlich kann jeder Firmenpartner selbst entscheiden, welche Anreize er schafft.

Es hat etwas von Überwachung: Die Unternehmen und Krankenkassen wissen, wie viel und in welcher Form sich die Nutzer bewegen.

Wir geben keine personalisierten Daten zum Bewegungsverhalten heraus. Die Versicherungen wissen deshalb auch nicht, welcher Nutzer sich wie bewegt. Sie erfahren nur, ob jemand eine Prämie eingelöst hat und in welcher Summe.

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Wenn sie die Daten nicht bekommen, was haben die Versicherungen dann davon?

Man glaubt es nicht, aber das Ziel der Krankenkassen ist, ihre Versicherten dabei zu unterstützen, sich gesundheitsbewusst zu verhalten. Langfristig wirkt sich das positiv auf die Gesundheitskosten der Allgemeinheit aus. Kurzfristig macht das Angebot einer solchen App aus Marketinggründen Sinn.

Du warst jahrelang Berater. Wieso hast du diese Karriere aufgegeben und gegründet?

Einerseits mochte ich den Job wirklich sehr und hätte ihn durchaus weitermachen können. Andererseits hatte ich immer schon den Drang, mich selbstständig zu machen. Die Frage war nur: Was ist die richtige Idee und der richtige Zeitpunkt? In meinen internationalen Projekten bei Deloitte habe ich gemerkt, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesen außerhalb Deutschlands schon wesentlich weiter ist. Und, dass die Chancen, die die Digitalisierung bietet, auch hier genutzt werden müssten. Da dachte ich, man sollte nicht immer nur drüber reden, sondern einfach mal machen.

Bild: Magnum Est Digital Health GmbH