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Der Franzose Emmanuel Thomassin wechselte 2014 vom Inkubator Team Europe zum Venture Delivery Hero.

Als Emmanuel Thomassin Finanzchef von Delivery Hero wurde, beschäftigte der Lieferdienst etwa 130 Mitarbeiter, erwirtschaftete einen Jahresumsatz von 42 Millionen Euro und hatte erste Startups übernommen. Das war Anfang 2014. In den Folgejahren brachte Thomassin das Berliner Restaurantportal an die Börse und zahlte Milliarden für Wettbewerber. Heute hat Delivery Hero eine Marktbewertung von rund 19 Milliarden Euro und wird als Dax-Kandidat gehandelt. Das ist das höchste Segment an der Börse, nur die 30 wertvollsten Firmen Deutschlands sind hier gelistet. 

Sollte Wirecard nach dem Betrugsskandal aus dem Top-30-Index geworfen werden, könnte Delivery Hero den Platz des Fintechs einnehmen. Experten schreiben dem Essenslieferdienst hohe Chancen zu. Die nächste reguläre Überprüfung findet Anfang September statt. Der Fall Wirecard hat allerdings Diskussionen aufgeworfen, sodass die Börse ihr Regelwerk ändern und das Unternehmen schon Mitte August aus dem Dax fliegen könnte. 

Emmanuel, wie hoch schätzt du die Chance ein, dass Delivery Hero der nächste Dax-Aufsteiger wird? 

Es wird wahrscheinlich bis 2021 passieren. Wann genau es stattfindet, das liegt nicht in unserer Hand. Wenn es passiert, dann passiert es. Wenn nicht im nächsten Jahr, dann ist es auch gut. Es ist nicht unser Ziel, irgendwann mal eine Dax-Firma zu sein, aber wir würden uns über die Anerkennung des Marktes und der Investoren freuen. 

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Als Dax-Unternehmen würde Delivery Hero stärker im Fokus von Investoren und Medien stehen. Macht dir das Angst?

Natürlich steht man dann im Rampenlicht. Man hat dann seine Rechte und Pflichten, wahrscheinlich wird die Pflichtseite noch größer. Aber wir sind ohnehin sehr präsent bei den Investoren, da ich mehrmals im Jahr auf Roadshow gehe. Seit 2016 arbeiten wir daran, dass wir die Kriterien für eine Mdax- und auch Dax-Firma erfüllen. Das heißt, die Anforderungen an uns selbst sind theoretisch gleich, nur die Aufmerksamkeit ist wesentlich höher.

Müsstet ihr euch anders aufstellen oder Teams verändern?

Juristisch betrachtet gibt es keinen Grund dazu. Es würde uns helfen, Leute zu rekrutieren, weil wir dann noch bekannter wären. Bei mir im Finanzbereich erhöht das die Sorgfalt, sodass wir noch präziser arbeiten müssten. Das schafft auch mehr Druck.

Wie sehr würdest du dich über den Dax-Aufstieg freuen?

Es mag sich vielleicht komisch anhören: Für mich war der IPO eine Erleichterung, ein Event. Und der Dax-Aufstieg wird auch nur ein Event sein. Es gibt Anerkennung. Und am nächsten Tag geht es weiter. Das soll nicht negativ klingen, aber viel wichtiger ist der Fokus auf die Firma und die Strategie.

Der Franzose studierte BWL in Metz und war unter anderem langjähriger CFO der Agentur Metadesign, bevor er 2013 zu Team Europe wechselte. Der Berliner Inkubator gründete Delivery Hero 2011 aus, kümmerte sich in den ersten Jahren auch um die Finanzen. Da der Lieferdienst wuchs, wechselte Thomassin Anfang 2014 komplett zu Delivery Hero und holte Rocket Internet an Bord. Drei Jahre später leitete er den IPO des Startups.

Der Aktienkurs von Delivery Hero ist in der Corona-Krise immens gestiegen. Im Herbst stagnierte das Wertpapier bei etwa 45 Euro, im Juli erreichte die Aktie ein Allzeithoch von 108 Euro. Steigt ihr vielleicht nur wegen des Virus in den Dax auf?

Der Kurs hat sich seit Dezember dramatisch positiv entwickelt, seitdem der Deal mit Woowa bekannt gegeben wurde. Und Covid-19 zeigt wahrscheinlich, wie stabil und agil Delivery Hero ist. Die Lieferindustrie wird sich ganz allgemein durch Corona verändern. Die Wahrnehmung der Verbraucher und der Behörden gegenüber Lieferdiensten hat sich komplett gewandelt. Ich habe das Gefühl, dass wir viel stärker als Bestandteil des Ökosystems gesehen werden. Das wird so auch bleiben. 

Delivery Hero hat gerade 1,5 Milliarden Euro an der Börse eingesammelt. Was plant ihr?

Die sind für Investitionen vorgesehen: Einerseits für Fusionen und Übernahmen, um die Möglichkeit zu haben, schnell zu reagieren. Andererseits für unser operatives Geschäft. Aber derzeit haben wir nichts Konkretes vor. 

Ihr habt im Wettstreit um Grubhub teilgenommen, aber keinen Deal herausgeschlagen. Schlussendlich ging das Startup für 6,4 Milliarden Euro an Takeaway. Warum?

Als globaler Dienst sehen wir uns in der Pflicht, jeden Deal anzugucken. Ein paar Wochen vorher haben wir beschlossen, Kanada zu verlassen. Und Grubhub ist ja in Nordamerika aktiv. Dann zu entscheiden, doch wieder in den Markt zu gehen, hätte nicht gepasst. Aus unserer Sicht war der Kaufpreis zu hoch im Vergleich zu den Deals, die wir vorher gemacht haben. Und auch die Position um die US-Marktführerschaft war nicht eindeutig. Wir haben uns in dem Prozess als Interessent platziert, aber letztendlich kein Angebot abgegeben. 

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Bild: Delivery Hero
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